ISIN-Anreicherung über FIRDS und ANNA DSB

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Die ToTV-Prüfung (Traded on Trading Venue) oder die Ermittlung von benötigten ISINs sind wichtige Teile der Anforderungen aus der MiFIDII/MiFIR und klassifizieren, ob ein Produkt Handelsplatzfähig ist oder nicht, oder reduzieren ggf. den Meldeumfang. Im Folgenden sollen zwei mögliche Datenquellen zur technischen Umsetzung dieser Anforderungen betrachtet werden und damit als kurze Zusammenfassung dieses Themas dienen.

Das Referenzsystem FIRDS

Seit der Einführung der überarbeiteten Richtlinien zu Märkten für Finanzinstrumente (Markets in Financial Instruments Directive – MiFID II) sowie der begleitenden Verordnung (Markets in Financial Instruments Regulation – MiFIR) hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority – ESMA) unter dem Namen Financial Instruments Reference Database System - FIRDS [1] eine Datenbank mit Finanztransaktionen, die nach den Regelungen der MiFIDII/MiFIR gemeldet wurden, eingerichtet. Durch das Referenzsystem soll die Transparenz des Handels mit Finanzinstrumenten im europäischen Raum erhöht werden und gleichzeitig eine standardisierte Datenquelle entstehen.

Funktionsweise

Alle meldepflichtigen Marktbetreiber und Wertpapierfirmen (Regulated Market – RM, Multilateral Trading Facility MTF, Organised Trading Facility – OTF, Systematic Internaliser – SI nach MiFIR) liefern den nationalen Aufsichtsbehörden (National Competent Authority – NCA) Referenzdaten der Finanzinstrumente, die entweder an dem betroffenen Tag gehandelt wurden, die zum Handel zugelassen wurden oder für die ein Antrag auf Zulassung zum Handel gestellt wurde (ToTV). Von der Meldepflicht sind auch Finanzderivate betroffen, deren Basiswert an einem Handelsplatz gehandelt wird (Underlying Traded on Trading Venue – UToTV). Die NCAs sammeln diese Daten und reichen sie nach Handelsschluss in einem standardisierten Format (ISO 20022) an die ESMA weiter. Die ESMA konsolidiert die Daten und veröffentlicht diese am darauffolgenden Tag. Es besteht die Möglichkeit der Delegation der Datensammlung an die ESMA. In diesem Fall erfolgt die Bereitstellung der Daten direkt von den Marktbetreibern und Wertpapierfirmen.

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Nutzen für Finanzdienstleister

Gemäß der ESMA Opinion vom 22 Mai 2017 [2] gilt ein Finanzinstrument als ToTV, wenn dieses sich die Referenzdaten mit einem am Markt gehandelten Finanzinstrument teilt. Der derzeitige Marktkonsens ist, dass die Referenzdaten des zu prüfenden Finanzinstruments mit den Daten der FIRDS [3] abgeglichen werden. Ist das zu prüfende Finanzinstrument in der FIRDS vorhanden gilt dieses als ToTV. Die Referenzdaten in der FIRDS werden durch den Regulatory Technical Standards 23 (RTS23) [4] definiert. Feld 1 der Referenzdaten beinhaltet die Identifikationsnummer (ISIN) nach ISO 6166. Somit ist eine Bedingung für den ToTV-Status, dass eine ISIN zum entsprechenden Finanzinstrument referenziert. Ein Finanzinstrument kann ohne ISIN nicht als ToTV gelten. Zusätzlich fordern die Leitlinien der Europäischen Finanzmarktaufsichtsbehörde, dass Handelsplätze und systematische Internalisierer vor dem Handel eines Finanzinstruments die jeweilige ISIN für dieses Finanzinstrument beziehen [5]. Ist eine Wertpapierfirma in der Pflicht eine ISIN für ein Finanzinstrument bereitzustellen, kann zunächst geprüft werden, ob diese in der FIRDS oder in der ANNA DSB Datenbank (mit ISIN) vorhanden ist. Ist dies nicht der Fall muss die ISIN von der ANNA DSB generiert werden.

Zum Beispiel wenn eine Wertpapierfirma sich gemäß MiFIDII Artikel 4 (20) als systematischer Internalisierer für ein FX Derivat qualifiziert. Dann gilt gemäß MiFIDII Artikel 15 diese Wertpapierfirma als systematischer Internalisierer in Bezug auf alle FX Derivate innerhalb dieser Kategorie. Die Kategorien für FX Derivate werden unteranderem anhand vom Währungspaar und Laufzeitband definiert [6]. Dieser SI Status gilt unabhängig vom Vorhandensein einer ISIN für die FX Derivate in dieser Kategorie. Der systematische Internalisierer ist dazu verpflichtet eine ISIN für die FX Derivate in dieser Kategorie vor dem Handel zu referenzieren. Um zu einem meldepflichtigen Finanzinstrument eine ISIN zu beziehen, kann die FIRDS oder der Service der DSB genutzt werden.

Attribute zur ISIN-Ermittlung mit dem FIRDS

Die Datenbankattribute in der FIRDS spiegeln die MIFID II-melderelevanten Felder wider, die durch RTS23 definiert sind. Je nach der Zugehörigkeit zu einer Instrumenten-Klasse können die insgesamt 48 Felder auf Pflicht-, Wahl- und nicht relevante Attribute aufgeteilt werden. Alle Produktklassen haben folgende Pflichtfelder gemeinsam:

  • eine Kennnummer der Finanztransaktion (International Securities Identification Number - ISIN),

  • einen Klassifizierungscode (Classification of Financial Instuments Codes nach ISO-Norm 10962:2015 - CFI),

  • einen Identifizierungscode des Marktbetreibers oder der Wertpapierfirma (Markidentifikationscode – MIC),

  • Kennung für Rechtsträger im Finanzmarkt (Legal Entity Identifier - LEI),    

  • vollständiger Name des Rechtsträgers und

  • Kurzname des Finanzinstruments.

Suchfunktion und Download

Die Referenzdaten werden auf der Webseite der ESMA kostenlos in zwei Formen zur Verfügung gestellt.

Zum einen ist es möglich, die Finanzinstrumente direkt auf der Internetseite zu suchen. Dabei kann entweder nach maximal sieben Attributen wie z. B. ISIN, CFI, Veröffentlichungsdatum oder nach dem Schlüsselwort, beispielsweise „Foreign Exchange Swap EUR USD“, gesucht werden.

Zum anderen können die Referenzdaten im XML-Format heruntergeladen werden [7]. Dabei ist die gesamte Datenbank auf mehrere, nach dem Anfangsbuchstaben des CFI gruppierte Dateien aufgeteilt. Neben den vollständigen Datenbankdateien (Erkennbar am Präfix „FULINS_“) stehen auch sogenannte Delta-Dateien (Erkennbar am Präfix „DLTINS_“) zur Verfügung. Diese beinhalten ausschließlich Änderungen und ermöglichen nach dem initialen Download eine Aktualisierung der internen Datenbank. Die Delta-Dateien mit den Transaktionen vom Vortag werden täglich um 9:00 Uhr auf der ESMA-Internetseite publiziert und die vollständigen Dateien werden jeden Sonntag um 9:00 Uhr veröffentlicht.

Herausforderungen bei der ISIN Anreicherung

Referenziert keine ISIN zum Finanzinstrument, kann sich die Suche nach den passenden Referenzdaten (ISIN ausgenommen) in der FIRDS anhand der Transaktionsdetails aufgrund der heterogenen Datenstruktur als aufwendig erweisen:

ANNA DSB

  • CFI-Code stimmt häufig nicht mit Transaktionsdetails überein,

  • inkonsistente Namensgebung bei „Instrument full name“ bzw. „Financial instrument short name“, da keine regulatorischen Vorgaben.

Die Association of National Numbering Agencies - ANNA ist ein weltweiter Dachverband der nationalen Organisationen, die für die Vergabe von ISINs zuständig sind. Sie bietet durch die Agentur Derivatives Service Bureau (DSB), gegen eine Gebühr, die Generierung von ISINs für OTC-Derivate an. Zusätzlich stellt die ANNA DSB noch eine alternative Referenzdatenbank bereit.

Generierung von ISINs

Die ISINs, die von der ANNA DSB generiert werden, sind durch die ersten zwei Buchstaben „EZ“ identifizierbar. Die ANNA DSB bietet, je nach Anzahl der geplanten Anfragen für neue ISINs, vier Arten von Mitgliedskonten an*:

USER FREE INFREQUENT STANDARD POWER
Anzahl der angezeigten Einträge pro Suche
5 5 50 500
Erstellen neuer ISINs
Nein Ja Ja Ja
Maximum neue ISINs p.a.
0 100 2000 unbegrenzt
Schnittstellen Anbindung
Nein Nein Nein Ja
Kosten p.a.
0 € 3000 € 39200 € 117500 €

*Stand 2019[9].

Um eine neue ISIN und weitere melderelevante Attribute für ein derivatives Finanzinstrument zu erhalten, sind bestimmte produktabhängige Eingaben bei der ANNA DSB erforderlich. Die benötigten Daten lassen sich wie folgt gruppieren:

  • Product Definition Selection: Eine vordefinierte Produktpalette, mit folgender Aufteilung:

    • Rates

    • Credit

    • FX

    • Equity

    • Commodities

    • Non-standard

  • Product Definition Input: Enthält weitere Eingaben wie z. B. „Expiry date“, „National Currency“ oder „Delivery type“

  • Defaulted Input & Product Definition Derived:
    Enthalten abgeleitete Attribute wie z. B. Classification Type (CFI), Kurzname und vollständiger Name.

Alle Angaben orientieren sich an der CFI-Klassifizierung und dem RTS23.

Suche und Download von der ANNA DSB Datenbank

Registrierte Kunden können auf die Datenbank von der ANNA DSB zugreifen. Die FIRDS-Datenbank stellt dabei eine Untermenge der ANNA DSB-Datenbank dar. Die ANNA DSB-Datenbank beinhaltet neben den Finanzinstrumenten, für die eine ISIN generiert wurde, auch die Einträge der FIRDS. Äquivalent zur FIRDS kann auf der Internetseite von der ANNA DSB nach den Finanzinstrumenten direkt mittels der ISIN oder weiteren Attributen gesucht werden.

Daten zu Finanzinstrumenten, die an dem jeweiligen Tag eine ISIN erhalten oder in der FIRDS veröffentlicht werden, stehen am Folgetag per End-of-Day-Dateien im JSON-Format zum Download zur Verfügung [10]. Für einen initialen Aufbau der Datenbank müssen damit alle verfügbaren End-of-Day-Dateien heruntergeladen werden. Delta-Dateien wie im FIRDS bietet die ANNA DSB nicht an.

Vergleich der FIRDS- und ANNA DSB-Datenbank

Im Folgenden werden die FIRDS- und DSB-Datenbank hinsichtlich der in diesem Kontext besprochenen Punkte verglichen:

MERKMALE ESMA FIRDS ANNA DSB
Download
  • FULINS und DLTINS-Dateien im XML-Format gruppiert nach dem ersten Buchstaben des CFI
  • EoD Dateien inkl. FIRDS-Daten im JSON-Format verfügbar
Attribute der Einträge
  • Attribute definiert durch RTS23 Standards
  • Sie können sich für einzelne Handelsplätze unterscheiden
  • Einträge aus der FIRDS enthalten
  • Einträge insbesondere für OTC-Derivate werden erweitert
Uhrzeit der Veröffentlichung
  • FULINS-Dateien mit Transaktionen aus der Vorwoche werden sonntags um 9:00 Uhr publiziert
  • DLTINS-Dateien mit Transaktionen aus dem Vortag werden täglich um 9:00 Uhr publiziert
  • Neue ISINs werden kurz nach Mitternacht publiziert
  • Dateien mit Transaktionen aus dem Vortag, für die den ToTV Status überprüft wurde, werden nach 9:00 Uhr im Laufe des Tages publiziert

Fazit

Nach aktuellem Stand ist die momentane regulatorische Situation mit vielen Unsicherheiten besetzt, da eine generelle ISIN Pflicht für alle Finanzinstrumente nicht besteht, die zentrale Quelle der ToTV-Prüfung (FIRDS oder ANNA DSB) vom Gesetzgeber nicht definiert und der SI-Status für Derivate aktuell ausgesetzt ist. Die auf Basis der ISIN definierte ToTV-Prüfung ist daher nicht zielführend und lässt die Finanzmarktbranche mit vielen Fragen zurück.

Finbridge beobachtet die Situation weiterhin sehr genau und dient Ihnen gerne als zentraler Ansprechpartner und Quelle von aufbereitetem Wissen. Ebenfalls begleiten wir Sie gerne bei der Analyse von Möglichkeiten der ISIN-Ermittlung im FIRDS oder über ANNA DSB. Darüber hinaus beraten wir Sie gern mit unseren Expertenkenntnissen im Finanzmarkt und im Zusammenhang mit aktuellen regulatorischen Herausforderungen, wie beispielsweise der EMIR, MiFIDII/MiFIR oder SFTR, sowie deren Optimierung zu einer ressourcenschonenden und effizienten Meldearchitektur.

Wir hoffen, Ihr Interesse an unserem Know-how geweckt zu haben, und freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!

 

Quellen und Anmerkungen

[1] https://registers.esma.europa.eu/publication/searchRegister?core=esma_registers_firds

[2] https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/esma70-156-117_mifir_opinion_on_totv.pdf

[3] Z.B. die Deutsche Börse AG und die ANNA DSB verwenden die FIRDS als Basis für ihre ToTV-Prüfung.

[4] Dok.-Kürzel EMSA 2017/585

[5] RTS23 Artikel 3 (1)

[6] Für mehr Details zur Unterteilung in Kategorien für FX Derivate siehe RTS2 Anhang III

[7] https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/esma65-8-5014_firds_-_instructions_for_download_of_full_and_delta_reference_files.pdf)

[8] https://www.anna-dsb.com/

[9] Stand 2019, https://www.anna-dsb.com/fees-rules-2019/

[10] https://prod.anna-dsb.com/


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