Abwicklung von Versicherungsunternehmen – Festlegung der Abwicklungsstrategie

Foto von Dane Deaner auf Unsplash, abgerufen am 15.4.2024.

 

Rückblick – Vorgehen bei Banken

Bevor auf mögliche Anforderungen für eine Abwicklungsstrategie für Assekuranzen eingegangen wird, soll zunächst ein Rückblick auf das Vorgehen des Single Resolution Board (SRB) bei Banken gegeben werden. Die initiale Veröffentlichung der Richtline zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (Bank Recovery and Resolution Directive, BRRD) erfolgte im Jahr 2014 und musste bis Beginn des Jahres 2015 in nationales Recht umgesetzt werden. Anschließend begann das SRB mit den Arbeiten zur Erreichung der Abwicklungsfähigkeit bei Kreditinstituten, welche sich grundsätzlich in drei Phasen untergliedern lassen.

Abbildung 1: Phasen der Umsetzung bei Kreditinstituten

Phase 1: Strategische Überlegungen

In der Phase 1 ging es um die Definition von Abwicklungsansätzen sowie die Identifikation kritischer Funktionen und der wesentlichen Geschäftsaktivitäten, welche anschließend einen wichtigen Einflussfaktor für die Operationalisierung einer möglichen Abwicklung bilden.

Phase 2: Operationalisierung der Abwicklungsstrategie

Nach der Festlegung der strategischen Überlegungen wurde, auf Basis der im Jahr 2020 veröffentlichten Expectations for Banks, an der Operationalisierung der gewählten Abwicklungsansätze gearbeitet. Diese Phase beinhaltete insbesondere die Entwicklung von sogenannten Playbooks, welche Arbeitsabläufe und Verfahren im Falle einer Abwicklung beschreiben sowie den Aufbau von Kapazitäten zur Umsetzung der für das Institut relevanten Abwicklungsinstrumente.

Phase 3: Testing der Operationalisierung

Aktuell befinden sich die Banken in der dritten Phase. Der Fokus liegt auf dem Testing der entwickelten Kapazitäten zur Sicherstellung, dass die Operationalisierung tatsächlich funktioniert. Dies geschieht im Rahmen verschiedener Ansätze, wie Dry-Runs oder Walkthroughs.

Überführung des Vorgehens auf Versicherungsunternehmen

Betrachtet man das Vorgehen und die Entscheidungen der European Insurance and Occupational Pensions Authority (EIOPA) sowie den nationalen Aufsichtsbehörden in der Vergangenheit, so kann davon ausgegangen werden, dass ein sehr ähnliches Vorgehen bei der Umsetzung der Insurance Recovery and Resolution Directive (IRRD) bei Assekuranzen gewählt wird. Dies bedeutet, dass zunächst die notwendigen strategischen Fragestellungen ausreichend analysiert werden.

Für Unsicherheit sorgt jedoch, dass eine mögliche Umsetzungsphase und die dazugehörige Zeitplanung aktuell nicht vorliegen. Vergleicht man den aktuellen IRRD-Entwurf mit der aktuellen BRRD-Fassung, so ist die EIOPA noch an sehr vielen Stellen dazu aufgefordert Standards oder Richtlinien zu entwickeln. Vor diesem Hintergrund kann erwartet werden, dass hier weitere Konkretisierung zeitnah veröffentlicht werden.

Bei der Festlegung der strategischen Überlegungen können sich die Assekuranzen aber an der FSB-Veröffentlichung „Developing Effective Resolution Strategies and Plans for Systemically Important Insurers“ aus dem Jahr 2016 orientieren. Teile dieser strategischen Überlegungen wurden auch im Bankensektor nicht explizit in Gesetze umgesetzt. Stattdessen haben sich Banken als auch die Abwicklungsbehörden an den entsprechenden FSB-Dokumenten orientiert. Demzufolge sind bei den strategischen Überlegungen folgende grundsätzliche Fragestellung von den Assekuranzen zu betrachten:

I. Welcher Abwicklungsansatz findet Anwendung?

II.  Welche Abwicklungsinstrumente finden Anwendung?

III.  Welche kritischen Funktionen (und wesentliche Geschäftsaktivitäten) existieren?

I. Festlegung des Abwicklungsansatz

Das FSB stellt in Kapitel 2.1 seiner Veröffentlichung (Developing Effective Resolution Strategies and Plans for Systemically Important Insurers, 2016) zwei Abwicklungsansätze gegeneinander, welche mit den Ansätzen bei Kreditinstituten vergleichbar sind, wenn auch anders bezeichnet:

  • Abwicklung auf Ebene der einzelnen operativen Entitäten (Operating Company Approach, OPCO)

  • Abwicklung auf Ebene der nicht-operativen Holding (Top Holding Company Approach, TOPCO)

Abbildung 2: Gegenüberstellung der Abwicklungsansätze für Versicherungen

OPCO-Ansatz

Der Grundgedanke beim OPCO-Ansatz ist die Abwicklung der einzelnen operativen Tochtergesellschaften einer Assekuranz, während die Mutter- bzw. Holdinggesellschaft unberührt bleibt. Dies bedeutet, dass im Krisenfall einer operativen Tochtergesellschaft nur diese individuell und isoliert von der Muttergesellschaft oder anderen Tochtergesellschaften betrachtet wird.

Dies hat den Vorteil, dass Abwicklungsinstrumente punktuell auf die betroffene operative Tochtergesellschaft angewendet werden und mögliche Auswirkungen auf den restliche Versicherungskonzern minimiert werden können, wodurch der operative Geschäftsbetrieb außerhalb der betroffenen Tochtergesellschaft aufrechterhalten werden kann.

TOPCO-Ansatz

Im Rahmen des TOPCO-Ansatzes werden alle Abwicklungsinstrumente auf die Muttergesellschaft bzw. Holdinggesellschaft eines Versicherungskonzerns angewendet. Die Abwicklungsinstrumente werden dabei auf Ebene der Mutter angewendet, was bedeutet, dass der gesamte Versicherungskonzern inkl. aller Tochterunternehmen abgewickelt werden könnte.

Der TOPCO-Ansatz hat den Vorteil, dass mögliche strukturelle Probleme, welche den gesamten Konzern betreffen besser gelöst werden können und darüber hinaus eine umfassendere Kontrolle über den Konzern im Abwicklungsfall möglich ist.

Faktoren für die Auswahl des Abwicklungsansatz

Die Wahl eines Abwicklungsansatzes hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zu nennen sind hierbei:

  • Gesellschaftsrechtliche Struktur des Versicherungskonzerns
    Die Wahl des OPCO-Ansatzes ist vorteilhafter, wenn einzelne (lokale) Entitäten existieren, welche ihr Geschäft auf einer stand-alone Basis durchführen und wenige Verflechtungen untereinander aufweisen. Je mehr Verflechtungen existieren umso vorteilhafter ist die Wahl eines TOPCO-Ansatzes.

  • Operatives Vorgehen und Interdependenzen zwischen Entitäten
    Neben rein gesellschaftlichen Abhängigkeiten ist ein weiterer Einflussfaktor die Art, wie klassische Unterstützungsdienstleistungen im Sinne von IT, Personal, Recht oder auch das Risikomanagement sowie die Liquiditätssteuerung bereitgestellt werden. Werden diese zentral aus einzelnen Entitäten bereitgestellt oder sogar aus der Holding selbst, weist dies auf starke Interdependenzen hin, welche eher für einen TOPCO-Ansatz sprechen.

  • Fungibilität von Kapital und Liquidität
    Ist eine hohe Fungibilität von Kapital und Liquidität zwischen dem Mutterunternehmen und den einzelnen Tochterentitäten vorhanden, spricht dies für einen TOPCO-Ansatz. Hierrunter fällt bspw. auch die Möglichkeit, dass von dem Mutterunternehmen Garantien für einzelne Tochterentitäten ausgesprochen werden.

  • Risiken in einzelnen Tochterentitäten
    Speziell im Abwicklungsfall kann es sein, dass Risiken nur in einzelnen Tochterentitäten vorhanden sind bzw. nur für die Abwicklung von Bedeutung sind. Bspw. birgt eine drohende Krisensituation bei einer Lebensversicherung grundsätzlich ein höheres Risiko für die Finanzstabilität und Realwirtschaft als eine Krise bei einer Sachversicherung. Eine Fokussierung der Abwicklung und Wahl des OPCO-Ansatzes nur für diese Lebensversicherungsparte sollte bei der Diskussion der strategischen Fragestellungen berücksichtigt werden.

  • Lokale Begebenheiten
    Der geographische Fußabdruck von Versicherungskonzernen ist ebenfalls ein Einflussfaktor bei der Wahl des Abwicklungsansatzes. Bei Kreditinstituten hat sich gezeigt, dass insb. bei global agierenden Instituten ein dem OPCO-Ansatz vergleichbarer Ansatz Anwendung findet, welcher individuell verschiedene Jurisdiktionen (bspw. Nordamerika, Europa exkl. UK, UK und Asien) betrachtet und für diese Jurisdiktionen individuelle Abwicklungsstrategien festlegt.

Die Auswahl des Abwicklungsansatzes erfordert ein vorsichtiges Abwägen der verschiedenen Einflussfaktoren und sollte gemeinsam – auf Basis einer engen Zusammenarbeit – durch die nationalen Abwicklungsbehörden mit den Assekuranzen im Anwendungsbereich der IRRD erfolgen. Ein automatisiertes Modell zur Festlegung von OPCO- oder TOPCO-Ansatz ist, basierend auf den Erfahrungswerten bei Kreditinstituten, nicht zu erwarten.

II. Auswahl der Abwicklungsinstrumente

Der definierte Abwicklungsansatz ergibt in Verbindung mit den ausgewählten Abwicklungsinstrumenten dann die Abwicklungsstrategie. Mit Bezug zu Abwicklungsinstrumenten, kann wieder auf die IRRD referenziert werden, welche alle Abwicklungsinstrumente für Versicherungsunternehmen in Artikel 26 Abs. 3 aufführt. Diese Instrumente können individuell oder auch in Kombination miteinander angewendet werden. Ausgenommen hiervon ist das Abwicklungsinstrument asset and liability separation, welches nur in Verbindung mit anderen Abwicklungsinstrumenten angewendet werden kann.

Abbildung 3: Übersicht über die Abwicklungsinstrumente gem. IRRD

Für alle strukturellen Abwicklungsinstrumente (sale of business, bridge undertaking und asset and liability separation) ist festzuhalten, dass die Abwicklungsbehörde diese anwenden kann, ohne dass eine Genehmigung der Eigentümer erfolgen muss. Auch mögliche prozessuale Vorgaben aus dem Gesellschaftsrecht sind nicht zu berücksichtigen. Es müssen hierbei einzig die prozessualen Vorgaben aus Art. 29 IRRD berücksichtigt werden.

Solvent run-off (Artikel 27 IRRD)

Bei Anwendung des Abwicklungsinstruments solvent run-off wird es dem Versicherungsunternehmen verboten Neugeschäft zu betreiben. Stattdessen wird der Geschäftsbetrieb auf eine ausschließliche Verwaltung der bestehenden Verträge beschränkt mit der Zielsetzung diese auslaufen zu lassen. Gem. Art. 27 Abs. 2 IRRD soll die Abwicklungsbehörde sicherstellen, dass ausreichend qualifiziertes Personal vorhanden ist, um den solvent run off zu begleiten. Sollte die betroffene Assekuranz die Mindestkapitalanforderungen nicht mehr einhalten, hat die Abwicklungsbehörde entweder ein weiteres Abwicklungsinstrument anzuwenden oder die Assekuranz im Rahmen eines reguläres Insolvenzverfahren zu liquidieren.

Asset and liability separation (Artikel 30 IRRD)

Wie zuvor beschrieben, kann das Abwicklungsinstruments asset and liablity separation nur in Kombination mit anderen Abwicklungsinstrumenten angewendet werden. Die Zielsetzung des Instruments ist es, die auf ein Asset Management Vehikel übertragenen Positionen unter Maximierung des Ertrags abzuwickeln. Das Vehikel selbst soll hierbei ganz oder teilweise im Besitz einer öffentlichen Stelle sein und von der Abwicklungsbehörde kontrolliert werden.

Sale of business (Artikel 31 IRRD)

Im Rahmen des Abwicklungsinstruments sale of business kann die Abwicklungsbehörde die Eigentumstitel an dem Versicherungsunternehmen in Abwicklung oder Teile oder alle Vermögenswerte, Verbindlichkeiten und Rechte des in Abwicklung befindlichen Versicherungsunternehmen an einen Dritten, welcher kein Brückeninstitut ist, übertragen. Werden nur Teile der Vermögenswerte, Verbindlichkeiten oder Rechte des in Abwicklung befindlichen Versicherungsunternehmens an einen Dritten übertragen, wird der verbleibende Teil gem. Art. 26 Abs. 4 IRRD im Rahmen einer regulären Insolvenz liquidiert.

Bride undertaking (Artikel 32 IRRD)

Bei dem Abwicklungsinstrument bridge undertaking werden analog zum sale of business die Eigentumstitel oder Teile des in Abwicklung befindlichen Versicherungsunternehmen übertragen. Analog zum Abwicklungsinstrument asset separation gelten ähnliche Anforderungen bzgl. des Eigentümer und der Kontrollrechte der Abwicklungsbehörde. Das Abwicklungsinstrument zielt darauf ab, die übertragenen Wertgegenstände so lange zu halten, bis sie an einen Dritten verkauft werden können. Detaillierte Anforderungen an dem Betrieb eines bridge undertakings finden sich in Art. 33 IRRD. Die Anforderung an eine reguläre Insolvenz bzgl. der verbleibenden Teile des Versicherungsunternehmen gelten analog zum Abwicklungsinstrument des sale of business.

Write-down and conversion (Artikel 34 IRRD)

Das Abwicklungsinstrument write-down and conversion verfolgt zwei Zielsetzungen. Einerseits kann Fremd- in Eigenkapital gewandelt werden, um die Mindestkapitalanforderungen einer Assekuranz wieder einzuhalten und das solvent run-off Instrument anzuwenden. Andererseits kann es zur Reduzierung von Verbindlichkeiten im Rahmen der Anwendung eines strukturellen Abwicklungsinstruments dienen. Die Anwendung des write down and conversion Instruments auf Verbindlichkeiten folgt der Rangfolge der einzelnen Positionen im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens. D.h. es findet zunächst Anwendung auf Tier-1-Positionen, wenn diese aufgebraucht sind, findet es Anwendung auf Tier-2-Positionen. Die weiteren Positionen folgen entsprechend ihres Ranges.

III. Kritische Funktionen und wesentliche Geschäftsaktivitäten

Ein wesentliches Betrachtungskriterium im Rahmen der Abwicklungsplanung sind die von Assekuranzen zu definierenden kritischen Funktionen und wesentlichen Geschäftsaktivitäten. Dies ist von besonderer Bedeutung, da sich die operative Umsetzung einer Abwicklungsstrategie und somit auch die Abwicklungsplanung auf die Aufrechterhaltung von zumindest kritischen Funktionen und auch teilweise auf wesentliche Geschäftsaktivitäten fokussiert. Gem. der IRRD sind die beiden Begrifflichkeiten wie folgt definiert:

  • Kritische Funktion (Art. 2 Abs. 19 IRRD):
    Eine Aktivität, Service oder Tätigkeit, welche von einer Assekuranz für Dritte betrieben wird und nicht kurzfristig und zu angemessenen Kosten von Dritten substituiert werden kann. Das Ausbleiben dieser Funktionsbereitstellung durch die betroffene Assekuranz würde darüberhinausgehend zu negativen Auswirkungen auf das Finanzsystem oder die Realwirtschaft in einem oder mehreren Mitgliedsstaaten führen.

  • Wesentliche Geschäftsaktivität (Art. 2 Abs. 20 IRRD):
    Geschäftsaktivitäten und damit verbundene Services, welche eine materielle Quelle für Einnahmen, Gewinn oder den Franchise Value einer Assekuranz bilden.

Die EIOPA wird in Art. 9 Abs 9 IRRD dazu ermächtigt, weitere Leitlinien zu veröffentlichen, die die Kriterien, wann eine Tätigkeit als kritisch angesehen wird, genauer definieren sollen. Hinweise, wie diese aussehen können, gibt das FSB in seiner Veröffentlichung aus dem Jahr 2016.

Überlegungen zu den Versicherungssparten bzw. Geschäftsaktivitäten

Das FSB hat schon grundsätzliche Überlegungen durchgeführt, welche Abwicklungsstrategien für die jeweiligen Versicherungssparten bzw. Geschäftsaktivitäten als angemessen angesehen werden können.

  • Lebensversicherung
    Grundsätzlich ist das Produkt einer Lebensversicherung hochgradig standardisier- und substituierbar. Dies beschränkt sich jedoch auf das Neugeschäft. Für das Bestandsgeschäft einer Versicherung, die sich in Abwicklung befindet, muss sichergestellt werden, dass dieses weiterhin aufrechterhalten wird, da ein Ersatz hierfür in den meisten Fällen nur schwierig zu finden ist. Für den Geschäftsbereich Lebensversicherungen ist eine Anwendung aller Abwicklungsinstrumente möglich.

  • Schaden- und Unfallversicherung
    Analog zur Lebensversicherung ist ein Fokus auf das Bestandsgeschäft denkbar, da auch hier Neugeschäft hochgradig substituierbar ist. Bei der Auswahl möglicher Abwicklungsinstrumente ist auch die Fristigkeit des abgeschlossenen Versicherungsgeschäft zu betrachten. Somit kann der Fokus hier auf eine kurzfristige Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs bzw. einem run-off gelegt werden, bis alle Versicherungsnehmer anderweitig einen Versicherungsschutz abgeschlossen haben.

  • Rückversicherung
    Für den Geschäftszweig der Rückversicherungen liegen aktuell die wenigsten Ausführungen von Seiten des FSB vor. Grundsätzlich wird darauf hingewiesen, dass das Geschäft von Diversifizierung profitiert und dies auch bei der Auswahl der Abwicklungsstrategie berücksichtigt werden sollte.

  • Finanzmarktaktivitäten und Investmentprodukte
    Zur Unterstützung ihres Versicherungsgeschäfts sind Versicherungsunternehmen auch am Finanzmarkt aktiv. Unterbrechungen dieser Tätigkeiten können, je nach Ausmaß und Art des Geschäfts, signifikante Ansteckungseffekte mit sich bringen. Diese Aktivitäten sind bei der Festlegung der Abwicklungsstrategie ebenfalls zu berücksichtigen.

Festlegung von kritischen Funktionen

Wie zuvor erwähnt, ist die EIOPA aufgefordert Leitlinien zu den zu berücksichtigenden Kriterien bei der Festlegung der kritischen Funktionen zu definieren und zu veröffentlichen. Es ist zu erwarten, dass sich hierbei an den Vorgaben des FSB orientiert wird.

Abbildung 4: Beispielhafte Festlegung der Kritikalität im Bereich Lebensversicherung

Die Abbildung 4 gibt die verschiedenen vom FSB genannten Aspekte wieder. Zunächst ist zu unterscheiden, in welchen Zeitpunkt des Lebenszyklus eines Versicherungsprodukts man sich befindet. Das FSB unterscheidet hier drei Tätigkeiten:

1)    Abschluss von Neugeschäft

2)    Versicherungsschutz für existierendes Geschäfts

3)    Durchführung von Zahlungen an Versicherungsnehmer

Jeder der genannten Aspekte ist separat auf seine Kritikalität zu bewerten. Hierbei sind folgende Fragestellungen zu betrachten:

a)    Welche Auswirkungen sind bei einer plötzlichen Einstellung der Tätigkeit für Dritte zu
erwarten?

b)    Ist die Tätigkeit substituierbar?

c)    Was sind die Auswirkungen eines Ausfalls des spezifischen
Versicherungsunternehmen in der betrachteten Tätigkeit?

Eine vereinfachte schematische Darstellung der Bewertung der Kritikalität für eine Lebensversicherung ist in Abbildung 4 dargestellt. Es lässt sich festhalten, dass der plötzliche Wegfall der Möglichkeit Neugeschäft abzuschließen bei einer Lebensversicherung geringe Auswirkungen auf Dritte hat und hochgradig substituierbar ist. Vor diesem Hintergrund ist der Abschluss von Neugeschäften nicht als kritisch anzusehen. Anders verhält es sich bei dem Versicherungsschutz für bestehende Kunden und dem Durchführen von Auszahlungen. Bei einem plötzlichen Wegfall hätte dies hohe Auswirkungen auf Dritte und ist auch nur sehr schwer substituierbar. Vor diesem Hintergrund sind diese Tätigkeiten als kritische Funktion einzustufen.

Ergänzend ist noch eine Betrachtung des Versicherungsunternehmens mit Bezug zu der spezifischen Tätigkeit selbst durchzuführen. Hierbei sind Aspekte wie Marktanteil und Bedeutung des Unternehmens für den Markt zu betrachten. Sollte nur ein vernachlässigbarer Marktanteil vorhanden sein, kann dies die Einwertung der Tätigkeit als kritische Funktion revidieren.

Das beispielhaft für die Produktart Lebensversicherung dargestellte Vorgehen muss von den Assekuranzen individuell für jede Funktion bzw. Geschäftsaktivität durchgeführt werden. Erfahrungen aus dem Bankensektor zeigen, dass eine Orientierung bei der Definition von Funktionen bzw. Geschäftsaktivitäten an bestehenden Schnitten von Geschäftsaktivitäten vorteilhaft ist. Häufig liegen für bestehende Strukturen quantitative und qualitative Informationen bereits in einer ausreichenden Granularität vor, wodurch die Definitions- und Umsetzungsaufwände reduziert werden können.

Finbridge als Ihr Partner für Ihre Umsetzung der IRRD

Finbridge unterstützt Sie bei der Umsetzung aller regulatorischen Anforderung an die Sanierungs- und Abwicklungsplanung. Einige unserer Experten haben vor Ihrer Tätigkeit bei Finbridge für die Bundesbank, den SRB oder Anbieter für regulatorische Meldesoftware gearbeitet. Zusammen mit unseren umfangreichen Erfahrungen der Umsetzung des Sanierungs- und Abwicklungsgesetz bei Kreditinstituten und Wertpapierfirmen verfügen wir über eine tiefgehende Expertise für die Durchführung von Vorstudien, Testrechnungen sowie Umsetzungsprojekten im Kontext der Sanierungs- und Abwicklungsplanung und des Aufsichtsrechtes, individuell auf die Bedürfnisse Ihrer Versicherung zugeschnitten. Durch unser umfassendes Wissen in den Bereichen Unternehmens- und Finanzsteuerung, gepaart mit der sehr umfangreichen Praxiserfahrung bei der Umsetzung der regulatorischen Anforderungen, können wir flexible auf die Spezifika, Bedürfnisse und Wünsche Ihrer Versicherung eingehen und garantieren Ihnen eine effiziente und effektive Umsetzung. Wie bei allen Umsetzungsprojekten begleiten wir auch Sie, wenn Sie es wünschen, in allen Belangen der Kommunikation mit den Abwicklungsbehörden, bis deren Erwartung an Ihre Sanierungs- und Abwicklungsplanung vollumfänglich erfüllt sind.

Haben Sie noch Fragen zu den organisatorischen und technischen Anforderungen der IRRD oder zu weiteren „Lessons learned“ aus unseren BRRD / SAG-Umsetzungsprojekten? Profitieren Sie schon vor Projektstart von unserem Wissen. Unsere Experten unterstützen Sie gerne mit Ihrem Know-how bei Vor- und Klärungsgesprächen, der Planung und Umsetzung der regulatorischen Anforderungen.


Ansprechpartner

Sven Warnecke
Senior Manager

Business Consulting

Sven.Warnecke at Finbridge.de

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Dr. Steffen Reisch-Meissner
Senior Manager

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Steffen.Reisch-Meissner at finbridge.de

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