Umsetzung der IBOR-Reform im Loan IQ Umfeld

Photo by Étienne Godiard on Unsplash, abgerufen am 16.07.2020

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Weltweit haben die Regulatoren des globalen Finanzsystems in den letzten Jahren die Ablösung der Zinssätze für unbesicherte Kredite (Interbank Offered Rates, IBOR) auf dem Interbankenmarkt vorangetrieben. Eine Konsequenz davon ist, dass bereits Ende 2021 mit der Einstellung des weltweit bedeutenden LIBORs (London Interbank Offered Rate) gerechnet werden muss. Als neue Benchmarks stehen ab sofort die sogenannten Risk Free Rates (RFRs) bereit. Es wird erwartet, dass diese neuen Zinssätze für diverse Finanzprodukte Anwendung finden, so zum Beispiel als Referenzrate für variabel verzinste Kreditverträge.

Die Interbank Offered Rates (IBOR) sind eine Zinsgruppe, welche die Konditionen definieren, zu denen sich Akteure am Interbankenmarkt unbesichert Geld leihen können. Jedoch ist das Geschäftsvolumen am unbesicherten Interbankenmarkt im Zuge der Finanzkrise 2008/09 massiv zurückgegangen. Zudem hat der sogenannte LIBOR-Skandal im Jahr 2011 unerlaubte Absprachen zwischen einzelnen Banken bzgl. der Höhe der täglichen LIBOR-Raten offengelegt [1]. Daher wurde bereits 2013 das Financial Stability Board (FSB) durch die G20 beauftragt, eine grundlegende Reform der Referenzzinssätze anzustoßen und letztendlich eine Alternative zu entwickeln [2].

Als neue Referenzzinssätze wurden folgende Risk Free Rates von den Regulatoren in Absprache mit verschiedenen Marktakteuren nominiert: in den USA der SOFR (US-$), in Großbritannien der SONIA (£), in der Schweiz der SARON (CHF) und in der EU der €STR (EUR). Weitere Zinssätze gibt es in den einzelnen Jurisdiktionen, wie z.B. Japan, Australien oder europäischen nicht EURO-Staaten.

Zu beachten ist hierbei, dass der €STR in Europa nur die Nachfolge des EONIA antritt. Durch eine vorab erfolgreiche Reform des EURIBORs kann dieser bis auf weiteres als Referenzzinssatz verwendet werden.

Die Einstellung der IBOR-Raten sorgt bei allen an diese Zinssätze gekoppelten Finanzinstrumenten (Geld- und Kapitalmarkt) und Kreditprodukten schon jetzt für eine massive Umwälzung. Am Geld- und Kapitalmarkt kommt es aktuell zur Entwicklung neuer derivativer Instrumente, die auf den neuen Risk Free Rates basieren.

Auswirkung der neuen Risk Free Rates auf das Kreditgeschäft

Damit Banken auch in Zukunft das Kreditgeschäft auf Basis der neuen Referenzzinssätze anbieten können, bedarf es einer Umstellung der Bankensysteme auf die neue Zins-Methodologie.

Sowohl für bestehendes als auch für neues Kreditgeschäft muss die Zinsberechnung in Zukunft auf den neuen Risk-Free Rates stattfinden, die einen Floating-Charakter und keine Term-Struktur (Tenor) aufweisen. Da aber die Zinsrate für die jeweilige Zinsperiode nicht fixiert werden kann und somit zu Beginn noch nicht feststeht, kann der Zinsbetrag erst über die Kreditlaufzeit ermittelt werden (sog. Backward-looking Approach). Hierfür ist eine neue Zinsberechnungsmethode anzuwenden, das sog. Interest Compounding.

Für die Bank und den Kreditnehmer bedeutet das, dass der Zins zu Beginn der Zinsperiode von der Bank nicht mehr fixiert wird und somit der genaue Zinsbetrag zur nächsten Fälligkeit unbekannt ist. Der Zinsbetrag wird stattdessen über die Periode gebildet (aufgezinst).

Folgende Formel liegt dem Interest-Compounding zu Grunde:

compounding formel.JPG


Variable Beschreibung
db Anzahl der Geschäftstage der Risk Free Rate. Der Zinssatz wird an jedem Geschäftstag publiziert
dc Anzahl der Kalendertage für die Zinsperiode
ri Zinssatz von Tag i
ni Anzahl der Kalendertage, für die die Rate r_i gilt
N Marktkonvention zur Quotierung der Tage in einem Geschäftsjahr (z.B. 360)

Darüber hinaus enthalten die risikofreien Referenzsätze keine Kreditrisiko-Komponente. Bei der Migration und der neuen Bepreisung der Kredite muss diesem Kreditrisiko jedoch Rechnung getragen werden.

Zudem wird die Refinanzierung von Krediten ebenfalls auf die neuen Risk Free Rates angepasst. Dies betrifft insbesondere die Refinanzierungskosten (Cost of Funds), die zukünftig ebenfalls durch eine aufgezinste Rate (compounded rate) ersetzt werden könnten.

Erwähnenswert ist hierbei, dass durch das fehlende Zinsfixing auf der Finanzierungseite, das Zinsänderungsrisiko zukünftig an den Kunden weitergegeben werden kann und somit dieses Risiko auf der Refinanzierungsseite nicht mehr abgesichert werden muss. Jedoch besteht insbesondere in der Übergangsphase bei dem Wechsel von IBOR auf die Risk Free Rates die Gefahr, dass sich die Banken einem sog. Basisrisiko aussetzen, sollten sie ihre Refinanzierung weiterhin auf den alten Referenzraten basieren, obwohl die Zinsen auf der Aktivseite schon auf die Risk Free Rates umgestellt sind [3], [4].

Alternative Reference Rates in Loan IQ

Loan IQ ist als bestandsführendes System für komplexe Kredite von der IBOR-Umstellung ebenfalls betroffen, da eine zentrale Funktion in Loan IQ die korrekte Zinsberechnung aller im System verwalteten Kredite ist.

Finastra als Vendor bietet durch die sogenannte Alternative Reference Rate (ARR)-Funktionalität (Grundvoraussetzung ist hierfür © Loan IQ Version 7.5.1 und eine separate Lizenzierung der Funktionalität) im System die Möglichkeit, Zinssätze auf Basis der Risk Free Rates (z.B. SONIA, SOFR) unter anderem mit der Methode Compounding in Arrears zu berechnen. Hierbei wird die in der Pricing Option hinterlegte Risk Free Rate, die im Loan IQ Funding Desk täglich aktualisiert werden muss, für das Interest Compounding der jeweiligen Zinsperiode herangezogen.

Das Modul erlaubt dabei auch bestimmte vom Markt erwartete Parameter in die Zinsberechnung mit einzubeziehen, wie zum Beispiel:

i. Lookback Days

ii. Lockout Days

iii. Observation Period Shift

iv. Pricing Lag (ein Großteil der neuen Raten werden mit einem Tag Verzug veröffentlicht)

v. Payment Lag

vi. Additional Spread zur Einpreisung des Kreditrisikos

Auch die Delayed Compensation Berechnung kann mit dem Zins-Compounding erfolgen.

Darüber hinaus stellt Finastra allen Banken, die die ARR Funktionalität lizensieren, ein Enhancement bereit, dass eine Cost of Funds Berechnung auf Basis einer Formel (inkl. Interest Compounding) ermöglicht.

Insgesamt sollte durch die neue ARR-Funktionalität die vollständige Zinsberechnung weiterhin in Loan IQ ermöglicht werden, ohne bestimmte Workarounds außerhalb Loan IQs implementieren zu müssen.

Finbridge als Partner für die IBOR-Transition in und um Loan IQ

Finbridge unterstützt durch ein umfassendes Beratungsangebot die Einführung der neuen ARR-Funktionalität in Loan IQ und begleitet den Kunden bei der gesamten IBOR-Transformation im Umfeld von Loan IQ.

Die konkrete Beratungsleistung umfasst dabei:

  • Analyse der IST-Situation

    • Grundvoraussetzung für die Anwendung der ARR Funktionalität ist Loan IQ Version 7.5.1.

    • Die ARR Funktionalität ist Bestandteil der © Loan IQ Version 7.5.1, bedarf jedoch der separaten Lizenzierung.

    • Sollte eine ältere Loan IQ Version in der Bank Anwendung finden, ist ein Release Upgrade notwendig, um überhaupt die Zinsberechnung auf Basis der neuen Zins-Methodologie in Loan IQ durchführen zu können.

  • Analyse der ARR-Funktionalität

    • Die ARR Funktionalität bietet dem Nutzer die Auswahl zwischen vier neuen Methoden der Zinsberechnung. Diese werden an der Pricing Option ausgewählt und sind wie folgt:

      • Compounding in Arrears

      • Daily Rates with Compounding

      • Simple ARR

      • Simple Average

  • Erstellung eines Fachkonzepts unter Berücksichtigung der fachlichen Anforderungen:

    • Analyse der Business Requirements für die IT und Berücksichtigung von aktuellen Marktstandards und Vorgaben der relevanten Institutionen (insb. Federal Reserve, Bank of England, Europäische Zentralbank, Alternative Reference Rates Committee und Loan Market Association)

    • Analyse des aktuellen Kreditportfolios (Einfluss der zukünftigen Zinsmethodologie auf bestehende Produkte)

  • Konfigurationsanpassung in Loan IQ, inkl. Dokumentation, Erstellung und Pflege von Handbüchern / Wikis / etc.

  • Analyse der Auswirkungen auf die umliegenden Systemlandschaft und Vorbereitung eventueller Schnittstellenanpassungen (Treasury, Finance, Markt Daten, Meldewesen und Kundenkommunikation)

  • Entwicklung Migrationsstrategie des Bestandsgeschäfts

Was spricht dabei für Finbridge als Partner

Finbridge bietet als erfahrenes mittelständisches Beratungsunternehmen einen professionellen Beratungsservice an, der auf einer jahrelangen Industrieerfahrung basiert. Eine qualitativ hochwertige Beratungsleistung ist dabei selbstverständlich. Als Implementierungspartner von Finastra bringt Finbridge fundierte Loan IQ Kenntnisse aus zahlreichen Implementierungsprojekten mit. Mehr als 30 Finbridge Berater haben bereits Projekterfahrung im Loan IQ Umfeld und können somit fundierte Loan IQ Kenntnisse aufweisen. Zudem beschäftigt Finbridge 20 Finastra-zertifizierte Loan IQ Berater (Version 7.5 inkl. ARR Funktionalität). Die enge Partnerschaft mit Finastra spiegelt sich insgesamt in einer jahrelangen Loan IQ Projekterfahrung wider (Implementierungsprojekte und Release-Upgrades inkl. neuer ARR-Funktionalität).

Quellen und Referenzen

[1] Süddeutsche Zeitung, Libor Skandal, unter https://www.sueddeutsche.de/thema/Libor-Skandal, abgerufen  am 20. Juli 2020

[2] FSB, Reforming major interest rate benchmarks: Progress Report (2019), unter https://www.fsb.org/wp-content/uploads/P181219.pdf, abgerufen am 20. Juli 2020

[3] BIS, Beyond LIBOR: a primer on the new reference rates, unter https://www.bis.org/publ/qtrpdf/r_qt1903e.pdf, abgerufen am 20. Juli 2020

[4] Olivery Wyman, Time to switch rates – Libor transition unter: https://www.oliverwyman.com/content/dam/oliver-wyman/v2/publications/2019/jun/Time-To-Switch-Rates-LIBOR-Transition-FINAL.pdf, abgerufen am 20. Juli 2020


 

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