Roadmap der EBA zur Regulierung von Wertpapierfirmen

Photo by Photo by All Bong on Unsplash. Download am 22.6.2020.

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Anfang Juni 2020 veröffentlichte die European Banking Authority (EBA) einen Zeitplan zur Erstellung verschiedener Lieferobjekte [1], für die sie im Rahmen der Investment Firms Regulation (IFR) [2] und Investment Firms Directive (IFD) [3], welche im Dezember 2019 final veröffentlicht wurden, mandatiert wurde. Der nachfolgende Beitrag befasst sich im Wesentlichen mit der Zeitplanung sowie ausgewählten Lieferobjekten von Seiten der EBA.

Zielsetzung und Geltungsbereich der IFR und IFD

Die IFR und IFD wurden mit der Zielsetzung veröffentlicht, den Regulierungsrahmen für Wertpapierfirmen, welcher bis dato noch in der CRR und CRD niedergeschrieben war, stärker dem Geschäftsmodell von Wertpapierfirmen und den damit verbundenen inhärenten Risiken anzupassen. Die Definition einer Wertpapierfirma folgt hier der Definition aus der MiFID. Die wesentlichen Regulierungsinhalte der IFR und IFD sind in nachfolgender Tabelle dargestellt:

Abbildung 1: Zielsetzung der IFR und IFD

Darüberhinausgehend führt die IFR eine Systematik zur Einteilung von Wertpapierfirmen in drei Klassen ein. Vereinfacht dargestellt lässt sich sagen, dass große Wertpapierfirmen mit einer Bilanzsumme von mehr als 15 Mrd. Euro weiterhin die Vorgaben der CRR anwenden müssen (Klasse 1). Sollte die Bilanzsumme zwischen 5 Mrd. und 15 Mrd. EUR liegen, kann die zuständige Aufsichtsbehörde ebenfalls eine Anwendung der CRR anordnen. Firmen, die die Anforderungen gem. Art. 12 Abs. 1 IFR erfüllen und somit als kleine und nicht verflochtene Wertpapierfirma gelten, fallen zwar unter den Geltungsbereich der IFR und IFD, können jedoch bestimmte Ausnahmeregelungen anwenden (Klasse 3). Klasse 2 lässt sich schlussendlich als Residualgröße der Firmen definieren, die weder unter die Vorgaben der CRR fallen noch als kleine und nicht verflochtene Wertpapierfirmen gelten. Firmen der Klasse 2 müssen alle Anforderungen der IFR und IFD erfüllen. Hinzu kommt noch die Vorgabe, dass Wertpapierfirmen, die eine Bilanzsumme von mehr als 30 Mrd. EUR aufweisen und deren Geschäftstätigkeiten bestimmte weitere Voraussetzungen nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) CRR erfüllen, einen Antrag auf Erteilung einer Banklizenz stellen müssen und somit als Kreditinstitut gelten.

Roadmap der EBA

Im Rahmen der IFR und IFD wurde die EBA mandatiert, 18 technische Regulierungsstandards (RTS), drei technische Implementierungsstandards (ITS), sechs Leitlinien, zwei Reports und eine Liste der relevanten Kapitalinstrumente zu entwickeln sowie weitere, eher aufsichtsinterne Vorgaben umzusetzen. Die Entwicklung dieser Veröffentlichungen soll unter Berücksichtigung verschiedener Überlegungen geschehen:

  1. Berücksichtigung der Proportionalität
    Die Entwicklung der Vorgaben soll unter Berücksichtigung des Proportionalitätsgedanken erfolgen.

  2. Verzahnung zu der CRR und CRD
    Wertpapierfirmen sind, im Vergleich zu Kreditinstituten, leicht anders gelagerten Risiken ausgesetzt. Jedoch ist, bei Überschreiten bestimmter Schwellen, ein Übergang von einer Wertpapierfirma in den Regulierungsrahmen der CRR und CRD möglich. Die zu entwickelnden Standards sollen diesen Übergang so problemlos wie möglich gestalten.

  3. Fokus auf spezifische Risiken der Wertpapierfirmen
    Die EBA versteht die spezifischen Risiken, denen Wertpapierfirmen ausgesetzt sind und berücksichtigt dies bei der Entwicklung der regulatorischen Vorgaben. Zielsetzung soll eine Abdeckung aller relevanter Risken mit einer Fokussierung auf die größten Risiken sein. Bspw. ist für Wertpapierfirmen ohne Handelsaktivitäten insbesondere das operationelle Risiko jederzeit prominent zu betrachten.

  4. Stärkung eines harmonisierten regulatorischen Umfelds
    Die Entwicklung der regulatorischen Vorgaben soll europaweit einheitliche Wettbewerbsbedingungen für Wertpapierfirmen schaffen. Ein Kernaspekt hierbei ist die Schaffung von einem einheitlichen Verständnis der Aufsichtspraktiken, insbesondere in der aufsichtsrechtlichen Säule 2. Hierbei soll der Fokus stärker auf eine risikobasierte Betrachtung gelegt werden.

Thematisch gesehen lassen sich die zu veröffentlichenden Vorgaben in sechs Gebiete zusammenfassen. Darüber hinaus hat die EBA die Veröffentlichungen in vier unterschiedliche zeitliche Phasen eingeordnet, welche in Abhängigkeit der ihr vorgegebenen Liefertermine stehen. In der nachfolgenden Tabelle sind die Themengebiete sowie die Anzahl der Veröffentlichungen in Abhängigkeit der zeitlichen Phase dargestellt.

Abbildung 2: Übersicht über die zeitlichen Phasen und der Anzahl der Veröffentlichungen
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an EBA Roadmap on Investment Firms, Table 2.

Zeitgleich mit der Veröffentlichung des Zeitplans hat die EBA bereits die 15 Dokumente der ersten Phase als Konsultationsfassung veröffentlicht, wobei diese in vier Konsultationsdokumenten aggregiert sind.

Nachfolgend werden zunächst die Lieferobjekte der ersten Phase detailliert genannt inkl. eines Mapping auf die Konsultationsdokumente selbst, da dieses nicht immer offensichtlich ist. Daneben werden kurz die Inhalte der zu konsultierenden Dokumente dargestellt.

Schwellenwerte und Kriterien für die Anwendung der CRR

In dem Themengebiet Schwellenwerte und Kriterien für die Anwendung der CRR werden in der ersten Phase vier RTS zur Konsultation gestellt.

Abbildung 3: Veröffentlichungen im Themengebiet Schwellenwerte und Kriterien für die Anwendung der CRR

Die in dem Themengebiet zu konsultierenden Vorgaben befassen sich zunächst mit dem eingangs genannten Schwellenwert von 5 Mrd. EUR und, damit verbunden, dem Übergang in den Regulierungsrahmen der CRR. Hierbei sind einerseits die Kriterien definiert, die bei der Entscheidung durch die Aufsichtsbehörden bzgl. einer möglichen Anwendung der CRR berücksichtigt werden (1.) sowie andererseits die Art der Meldung zur Bestimmung des Schwellenwertes (2.). Die anderen zwei Veröffentlichungen befassen sich mit dem Übergang einer Wertpapierfirma zu einem Kreditinstitut und beschreiben, wie der Schwellenwert von 30 Mrd. EUR berechnet werden muss (4.) und welche Informationen ein Antrag auf Zulassung als Kreditinstitut enthalten sollte, wenn er von einer Wertpapierfirma gestellt wird (3.). Ausgangspunkt dieser Vorgaben ist der durch die IFD neu in die CRD aufgenommene Artikel 8a.

Kapitalanforderungen und Zusammensetzung

In der ersten Phase werden sechs RTS in diesem Themengebiet zur Konsultation gestellt. Hinzu kommt eine Veröffentlichung, die sich mit den Eigenkapitalinstrumenten von Klasse 3 Wertpapierfirmen befasst. In der Planung der EBA hat diese Veröffentlichung das Format einer Liste, findet sich jedoch auf den ersten Blick nicht in den aktuellen Konsultationsdokumenten.

Abbildung 4: Veröffentlichungen im Themengebiet Kapitalanforderungen und Zusammensetzung

Der Großteil der zu konsultierenden RTS befasst sich mit verschiedenen Faktoren, die die Bestimmung der Eigenkapitalanforderung beeinflussen. Hierbei werden Details zur Bestimmung der fixen Gemeinkosten (1.) als ein Einflussfaktor auf die Eigenkapitalanforderungen genannt. Darüber hinaus wird ebenfalls die Berechnung der Eigenkapitalanforderungen selbst über die sog. K-Faktoren detailliert (2. – 5.). Hinzu kommt außerdem ein RTS, welcher Anforderungen rund um die aufsichtsrechtliche Konsolidierung von Wertpapieren beinhaltet (7.).

Meldewesen und Offenlegungspflichten

Die zwei zu entwickelnden ITS, welche das Meldewesen und Offenlegungspflichten betreffen, werden aggregiert in einem zu konsultierenden ITS behandelt.

Abbildung 5: Veröffentlichungen im Themengebiet Meldewesen und Offenlegungspflichten

Im Bereich des Meldewesens legt der ITS die Vorgaben an die Meldung der Eigenmittel, der Eigenmittelanforderungen, des Konzentrationsrisikos, der Liquiditätsanforderungen sowie bestimmter Meldungen für die Bestimmung, ob es sich bei der Wertpapierfirma um eine kleine und nicht verflochtene Wertpapierfirma handelt, fest inkl. der Meldebögen selbst (1.). Daneben werden die Offenlegungspflichten in Bezug auf Eigenmittelanforderungen, Vergütung und Governance betrachtet (2.).

Vergütung und Governance

Im Themengebiet Vergütung und Governance werden in der ersten Phase zunächst zwei RTS konsultiert.

Abbildung 6: Veröffentlichungen im Themengebiet Vergütung und Governance

Beide Konsultationen zielen auf Aspekte der variablen Vergütung ab. Der erstgenannte RTS spezifiziert Art. 30 Abs. 4 IFD in Bezug auf den dort genannten Mitarbeiterkreis (Risk-Taker), für den bestimmte Anforderungen an die variable Vergütung gelten. Die zweitgenannte Veröffentlichung konkretisiert wiederum die in Art. 32 Abs. 1 lit. j Nr. iii) IFD genannten Anforderungen an die Ausgestaltung von bestimmten Anteilen der variablen Vergütung.

Aufsichtsrechtliche Konvergenz und aufsichtlicher Überprüfungsprozess und ESG-Faktoren und -Risiken

In den letztgenannten Themengebieten von Abbildung 2 werden in der ersten Phase keine Veröffentlichungen getätigt. Wohingegen in dem Themengebiet der Aufsichtsrechtlichen Konvergenz in den folgenden Phasen noch Standards und Leitlinien für die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsbehörden und die Durchführung des SREP erarbeitet werden sollen, sind in dem Themengebiet der Environmental Social Governance nur zwei Reports der EBA geplant.

Fazit

Die Veröffentlichung der Roadmap und der ersten Konsultationsfassungen ist ein wichtiger und notwendiger Schritt in der Detailierung des Aufsichtsregimes für Wertpapierfirmen. Die mengenmäßig auf den ersten Blick sehr umfangreichen Konsultationsdokumente, lassen sich inhaltlich in viele kleinere, stellenweise nur eine halbe Seite umfassende Anforderungen einteilen. Vor diesem Hintergrund sollte jede Wertpapierfirma sich die Dokumente detailliert anschauen und bei kritischen Punkten an der Konsultation teilnehmen.

SPRECHEN SIE UNS GERNE FÜR WEITERE INFORMATIONEN AN.


Quellen und Referenzen

[1] EBA: Roadmap on Investment Firms - EBA mandates arising from IFR/IFD; Juni 2020; abrufbar unter: https://eba.europa.eu/eba-starts-delivering-implementation-new-regulatory-framework-investments-firms; abgerufen am 10. Juni 2020

[2] EU: Verordnung (EU) 2019/2033 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über Aufsichtsanforderungen an Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010, (EU) Nr. 575/2013, (EU) Nr. 600/2014 und (EU) Nr. 806/2014

[3] EU: Richtline (EU) 2019/2034 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinien 2002/87/EG, 2009/65/EG, 2011/61/EU, 2013/36/EU, 2014/59/EU und 2014/65/EU

[4] EBA: Consultation Paper on draft RTS prudential requirements for investment firms (EBA/CP/2020/06); Juni 2020; abrufbar unter: https://eba.europa.eu/regulation-and-policy/investment-firms/regulatory-technical-standards-prudential-requirements-investment-firms; abgerufen am 10. Juni 2020

[5] EBA: Consultation Paper on draft ITS on reporting and disclosures for investment firms (EBA/CP/2020/07); Juni 2020; abrufbar unter: https://eba.europa.eu/regulation-and-policy/supervisory-reporting/technical-standards-reporting-and-disclosures-requirements-investment-firms; abgerufen am 10. Juni 2020

[6] EBA: Consultation Paper on draft RTS on pay out in instruments for variable remuneration under IFD (EBA/CP/2020/09); Juni 2020; abrufbar unter: https://eba.europa.eu/regulation-and-policy/remuneration/regulatory-technical-standards-criteria-identify-material-risk-takers-under-investment-firms; abgerufen am 10. Juni 2020

[7] EBA: Consultation Paper on draft RTS on instruments for investment firms remuneration (EBA/CP/2020/08); Juni 2020; abrufbar unter: https://eba.europa.eu/regulation-and-policy/remuneration/regulatory-technical-standards-pay-out-instruments-variable-remuneration-under-investment-firms; abgerufen am 10. Juni 2020

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