Verschiebungen und Erleichterungen im Regulatory Reporting auf Grund von Covid-19

 

Das neuartige Covid-19 Virus wird neben den gesundheitlichen Aspekten auch die Realwirtschaft vor extreme Herausforderungen stellen. Zwar befinden sich die Banken im Allgemeinen in einer besseren Verfassung als zur Finanzkrise 2008, allerdings würde eine enorme wirtschaftliche Eintrübung auch den Bankensektor an seine Belastungsgrenze bringen. Um das Bankensystem finanziell und operativ bestmöglich handlungsfähig zu machen, haben die Aufsichtsbehörden weitreichende Erleichterungen bzw. Verschiebungen regulatorischer Anforderungen beschlossen. Dadurch sollen zusätzliche operative Kapazitäten geschaffen werden, um auf die unmittelbaren Prioritäten der Finanzstabilität reagieren zu können. Alle neuen Maßnahmen sollen die Banken in die Lage versetzten, ihren Fokus auf die Kreditversorgung der Realwirtschaft zu lenken und ggf. eigene Verluste im Vorfeld zu minimieren.

Verschiebung des BCBS bezüglich der verbleibenden Basel III Anforderungen

Die Basel-III-Standards (Neuer KSA, IRBA, Output-Floor) müssen nunmehr bis zum 1. Januar 2023 umgesetzt werden, dies bedeutet eine Verschiebung um ein Jahr. Die begleitenden Übergangsregelungen für die Output-Floor wurden daher sukzessive um ein Jahr bis zum 1. Januar 2028 verlängert. Das Umsetzungsdatum des überarbeiteten Marktrisikorahmens sowie die revidierten Offenlegungsanforderungen aus Säule 3 wurden ebenfalls um ein Jahr auf den 1. Januar 2023 verschoben.

Diese Standards wurden mit dem Ziel fertiggestellt, die ursprünglichen Anforderungen der Basel-III-Standards zu ergänzen. Die Aufsicht erwartet daher nicht, dass der überarbeitete Zeitplan die Widerstandsfähigkeit des globalen Bankensystems verschlechtert.

Darüber hinaus werden vom Baseler Ausschuss die Fristen der laufenden öffentlichen Konsultationen um zwei Monate verlängert. Alle bereits geplanten öffentlichen Anhörungen sollen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden und dann ggf. telefonisch durchgeführt werden.

Ferner soll die Quantitative Impact Study (QIS) auf der Grundlage der Daten vom Dezember 2019 verlängert werden.

Aufsichtsrechtliche Maßnahmen der EBA in der Corona-Krise

Auch die EBA fordert Flexibilität und Pragmatismus bei der Anwendung des aufsichtsrechtlichen Rahmens und stellt klar, dass es im Falle von Schuldenmoratorien keine automatische Einstufung in den Status "ausgefallen", "gestundet" oder "IFRS9" gibt.

Die EBA weist jedoch auf die Bedeutung einer angemessenen Risikomessung hin und erwartet, dass die Institute nach Möglichkeit individuelle Bewertungen der Zahlungsbereitschaft der Schuldner in den Vordergrund stellen.

Zudem kündigte die EBA an, den EU weiten Stresstest auf 2021 zu verschieben. Die EBA empfiehlt darüber hinaus den nationalen Behörden, Aufsichtstätigkeiten wie Vor-Ort-Prüfungen pragmatisch zu handhaben, u.a. sollten unwesentliche Tätigkeiten verschoben werden.

Entlastung in der Bankenaufsicht durch die EZB

Auch die EZB will im Zuge der Corona-Krise die Institute in dieser schwierigen Phase unterstützen. Bereits am 12. März 2020 hat sie weitreichende Maßnahmen mit Hinblick auf die direkt überwachten Institute bekanntgegeben. Die EZB erlaubt u.a. eine temporäre Nichteinhaltung der Liquidity Coverage Ratio (LCR), d.h. eine Unterschreitung der normalerweise verbindlichen Quote von 100 % wird geduldet. Der Kapitalerhaltungspuffer (CCB) der Institute muss ebenso temporär nicht zwingend eingehalten werden. Darüber hinaus macht sich die EZB für die Reduktion des antizyklischen Kapitalerhaltungspuffers bei den nationalen Behörden stark. Ein weiterer Baustein zur Erleichterung der Institute ist das Vorziehen einer Maßnahme aus der CRD V. Dies betrifft die Erfüllung der Säule 2-Kapitalanforderungen. Somit ist es jetzt schon gestattet, neben hartem Kernkapital, auch zusätzliches Kernkapital(AT1) oder Ergänzungskapital (T2) heranzuziehen. Des Weiteren soll die interne Modellprüfung sowie TRIM-Untersuchungen um sechs Monate verschoben werden. Ferner sollen auch alle SREP-Maßnahmen um sechs Monate aufgeschoben werden.

Am 20. März 2020 kündigte die EZB bei den notleidenden Krediten (NPLs), die von staatlicher Seite auf Grund der Corona-Pandemie garantiert werden, Erleichterungen an. Hier soll eine flexiblere Ausfalldefinition für Kredite mit geringer Rückzahlungswahrscheinlichkeit zugrunde gelegt werden. Darüber hinaus kündigte die EZB an, dass sie Flexibilität hinsichtlich der Umsetzung der NPL-Reduktionsstrategien vorsieht. Des Weiteren sollen die EZB-Leitlinien für NPLs aufgrund der aktuellen Lage auf offizielle Exportkreditagenturen ausgedehnt werden. Als weitere aufsichtsrechtliche Maßnahme empfiehlt die EZB, dass alle Banken prozyklische Annahmen in ihren Modellen zur Bestimmung der Rückstellungen vermeiden und dass diejenigen Banken, die dies bisher nicht getan haben, sich für die Übergangsregeln von IFRS 9 entscheiden. Dadurch soll verhindert werden, dass sich die Volatilität von nach IFRS 9 vorgenommenen Bewertungen während der Krise erheblich im Kapital der Banken und in ihren Gewinn- und Verlustrechnungen niederschlägt.

Erleichterungen gemäß Informationen der BaFin und Bundesbank

Bereits am 12. März 2020 erklärte die BaFin, dass sie die kommunizierten Maßnahmen der EZB und EBA im Rahmen des einheitlichen Aufsichtsmechanismus mitbeschlossen hat und für LSI anwenden wird.

Verspätete Einreichungen werden bei bestimmten Meldungen bankenaufsichtlich nicht in der üblichen Strenge geahndet (auf Basis FinaRisikoV und Millionenkreditmeldewesen). Zusätzlich soll ein modifizierter Einreichungsweg für Stammdatenmeldungen des Groß- und Millionenkreditmeldewesens zugelassen werden.

Nach Beratungen des Finanzstabilitätsausschusses wird der antizyklische Kapitalpuffer bis mindestens Ende des Jahres auf 0 % herabgesetzt.

Zudem will die BaFin von Vor-Ort-Prüfungen derzeit absehen. Sie weist aber explizit darauf hin, dass die Banken bei einer etwaigen Prüfung grundsätzlich den externen Prüfern die Unterlagen in elektronischer Form zukommen lassen müssen.

Ebenfalls stellte die BaFin klar, dass Handelsgeschäfte vorübergehend krisenbedingt auch außerhalb der Geschäftsräume (z.B. im Homeoffice) abgeschlossen werden können.

Bei den bereits in europäisches Recht überführten Basel-III-Anforderungen (CRRII/CRDV) ist hingegen derzeit keine Verschiebung bei den Anwendungszeitpunkten geplant.

Weitere Maßnahmen und Einschätzung

Die bis dato getroffenen Maßnahmen waren ein wichtiger und richtiger Schritt, die Banken in der jetzigen Krise handlungsfähiger zu machen. In den nächsten Wochen wird es vor allem darauf ankommen, dass sich die Banken auf die zügige Auszahlung der Förderkredite, welche von Bund und Ländern in unbegrenzter Höhe zugesagt wurden, fokussieren. Somit kann der Bankensektor einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Realwirtschaft zu stützen und die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu begrenzen.

Mit Hinblick auf die weitere Entwicklung wird es für alle Akteure in der Bankenregulierung wichtig sein, flexibel und schnell zu reagieren, falls bei einer Verschärfung der Krise weitere Lockerungen im Regulatory Reporting nötig werden sollten.

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