CRR III - Entwurf

Photo by John Mark Arnold on Unsplash, Abgerufen am 08.11.2021.

 

Ausgangslage

Am 27.10.2021 wurde der Entwurf zur Änderung der Eigenmittelverordnung (CRR III) vom Europäischen Parlament veröffentlicht. Damit werden die finalen Basel III Regelungen auf EU-Ebene adoptiert. Die daraus resultierenden Änderungen betreffen nahezu alle Banken in der EU. Die fachlichen, technischen und organisatorischen Voraussetzungen müssen frühzeitig in den Banken geschaffen werden, um die neuen aufsichtsrechtlichen Anforderungen fristgerecht erfüllen zu können. Dabei sind die neuen Anforderungen auf Vorschlag der EU-Kommission erstmalig zum 01.01.2025 anzuwenden. Im Folgenden ist ein Überblick der umfangreichsten Änderungen dargestellt.

Output Floor

Der Entwurf der CRR III enthält als zentrales Element den so genannten Output Floor für interne Modelle. Der Output Floor begrenzt die Begünstigung durch nach internen Modellen ermittelten RWA im Vergleich zu nach Standardansätzen ermittelten RWA. Dabei werden die folgenden Werte verglichen:

  • RWA kalkuliert nach den internen Modellen

  • hypothetisch kalkulierte RWA nach den Standardansätzen multipliziert mit einem vorgegebenen Prozentsatz (Output Floor)

Der größere von den beiden Werten stellt das Ergebnis für die anzusetzenden RWA dar. Der zu nutzende Prozentsatz beginnt 2025 bei 50%, steigt jährlich bis 2029 um 5% und erreicht 2030 den endgültigen Wert von 72,5%. Falls der Output Floor zur Anwendung kommt, muss bis 2029 ein zusätzlicher Abgleich erfolgen. Bei diesem ist das Minimum aus dem

  • Output Floor und

  • den RWA kalkuliert nach den internen Modellen multipliziert mit einem Faktor von 1,25

als RWA anzusetzen. Die internen Modelle-RWA multipliziert mit 1,25 dienen also als eine Art Obergrenze. In der folgenden Abbildung ist das Vorgehen beim Output Floor in der Übergangszeit beispielhaft dargestellt:

Neu am jetzt definierten Output Floor ist die erweiterte Betrachtung über die Summe der Kapitalanforderungen aus Kredit-, Markt- und operationelle Risiken. Ziel ist eine bessere Vergleichbarkeit der Kapitalquoten der einzelnen Institute. Der Output Floor ist dabei generell auf der Ebene einer Institutsgruppe oder von nicht konsolidierten Einzelinstituten mit Sitz in der EU zu berücksichtigen. Tochterinstitute mit einer Mutter im selben Mitgliedsstaat müssen den Output Floor auf Einzelinstitutsebene nicht beachten. Allerdings erfolgt eine anteilige Aufteilung des Output Floors für Institute mit einem Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als die Mutter auf teilkonsolidierter bzw. Einzelinstitutsebene.

Operationelles Risiko

Die wesentlichen Neuerungen der CRR III in Bezug zu den operationellen Risiken sind:

  • Zusammenführung der bestehenden Standardansätze (Basisindikatoransatz, Standardansatz und Alternativer Standardansatz) zu einem neuen Standardansatz

  • Abschaffung des Fortgeschrittenen Messansatzes (AMA)

Der neue Standardansatz beruht auf einem neuen Geschäftsindikator (BI), der aus einer Finanz-Komponente, einer Service-Komponente und einer Zins-Komponente besteht. Anhand der Ausprägungen des BI werden Banken in drei Kategorien unterteilt, deren BI multipliziert mit steigenden Prozentsätzen die Geschäftsindikator-Komponente (BIC) ergibt. Der BIC stellt dann die Eigenmittelanforderungen dar.
Banken mit einem BIC ≥ 750 Mio. € müssen zudem im Rahmen der Offenlegung ihre historischen Verluste publizieren. Allerdings können die zuständigen Behörden einen Waiver für die Ausnahme davon für Banken mit einem BIC ≤ 1.000 Mio. € gewähren.

Kreditrisikostandardansatz (KSA)

Im Kreditrisikostandardansatz werden verschiedene Anpassungen unter der Zielsetzung einer verbesserten Risikosensitivität vorgenommen. Dabei wurden im Wesentlichen die Vorgaben und Vorschläge des Baseler Gremiums zu einer Überarbeitung des KSA im Rahmen der Finalisierung von Basel III übernommen und an den für die EU notwendigen Stellen angepasst.

Die interessantesten Änderungen ergeben sich in den folgenden (zum Teil neu definierten) Forderungsklassen:

  • Außerbilanzielle Forderungen: Bei den Kreditkonversionsfaktoren gibt es zukünftig eine granularere Ableitung. Für bestimmte Zusagen ggü. KMUs kann allerdings weiterhin ein CCF-Faktor von 0% genutzt werden.

  • Institute: Der Entwurf definiert die möglichen Bewertungsansätze ECRA und SCRA. Während ersterer ein auf externen Ratings aufsetzt (Stichwort: ECAI) um Risikogewichte abzuleiten, werden Institute im SCRA zukünftig in eine Klassifikation von 3 Stufen einzuordnen sein.

  • Spezialfinanzierungen: Die CRR führt künftig die Unterforderungsklassen „Objektfinanzierungen“, „Projektfinanzierungen“ und „Rohstofffinanzierung“ im neuen Artikel 122a ein. Anpassungen erfolgen insbesondere bei Finanzierungen für die keine externe Risikobewertung vorliegt. Darunter fällt zukünftig auch eine Besserstellung für sogenannte “High Quality”-Finanzierungen.

  • Retail: Die bekannten Unterforderungsklassen des IRB werden nun auch im Standardansatz definiert, um Konsistenz in der Risikobewertung zu erhöhen. Für Positionen aus dem revolvierenden Retailgeschäft mit bestimmten Zahlungsstrukturen (sogenannte ‚Transactor Exposures‘, in denen auf Basis ausreichender Historie revolvierende Zusagen in Höhe vorheriger Auszahlungen getätigt werden) können verringerte Risikogewichte von 45% angesetzt werden.

  • Durch Immobilien besicherte Positionen: Der Entwurf definiert die aus den Baseler Vorgaben bekannten Unterforderungsklassen IPRE (‚income producing real estate) und ADF (‚acquisition, development and construction‘) zusätzlich zu der bestehenden Trennung in Wohn- und Gewerbeimmobilien. Erstere stellen Immobilienfinanzierungen dar, deren Rückzahlungsfähigkeit im Wesentlichen durch den Cashflow beeinflusst wird, den die besichernde Immobilie produziert (nun definiert in den Begriffsbestimmungen in Art. 4 Punkt 75b). Für Wohnimmobilien die unter das IPRE Framework fallen, sind in Artikel 125 nun erhöhte Risikogewichte in Abhängigkeit des ETV (‚exposure-to-value‘, im Wesentlichen ein Loan-To-Value-Wert) aufgeführt, die jedoch nur dann zur Anwendung kommen, wenn die Hard-Test-Anforderungen für den jeweiligen Markt nicht erfüllt sind. Für alle weiteren Wohnimmobilien ist weiterhin ein Loan-Splitting möglich, jedoch nur unter erschwerten Bedingungen. Bspw. ist in Artikel 124 Absatz die Forderung nach vollständig fertiggestellten Immobilien enthalten. Für diese können unbesicherte Anteile zukünftig mit 20% Risikogewicht belegt werden. Ist ein Loan-Splitting nicht möglich, müssen Risikogewichte an ETV-Bändern abgeleitet werden.

Gewerbeimmobilien werden konzeptionell spiegelbildlich behandelt. Hier kommen jedoch höhere Risikogewichte zum Einsatz (etwa 60% für den unbesicherten Teil des Loan-Splittings). Hervorzuheben ist, dass die „Hard-Test-Regel“ auch für Gewerbeimmobilien im IPRE-Framework erleichternd in Anspruch genommen werden kann.

Ein vielfach diskutierter Punkt der Baseler Vorgaben war die Vorgabe für ADC-Finanzierungen. Diese waren grob den spekulativen Immobilienfinanzierungen der CRR zuzuordnen. Der Entwurf bestätigt diesen Ansatz nun und entfernt letztere zu Gunsten von ADC-Finanzierungen. Eine Definition in Artikel 4 Punkt (79) bleibt jedoch vage. Das Risikogewicht von 150% lässt sich auf 100% reduzieren, falls vertragliche Vorbedingungen für den Verkauf (etwa pre-lease, siehe Artikel 126a Absatz 2) getroffen wurden. Die Konkretisierung der Vorbedingungen ist an die EBA delegiert.

Die Frage nach dem Wertansatz für die besichernde Immobilie wurde nach Veröffentlichung der Baseler Vorgaben intensiv diskutiert. Während Basel einen Ansatz des Immobilienwertes bei Kreditvergabe vorsieht und eine Anpassung dieses Wertes auch nur in außergewöhnlichen Umständen vorsieht, erlaubt die CRR den Instituten explizit aktuellere Marktwerte als Ansatz zu verwenden, sofern eine regelmäßige Überwachung und der Werthaltigkeit erfolgt. Dies sollte gerade für deutsche Institute mit den Vorgaben der MaRisk Marktstandard sein. Eine Anpassung nach oben (und insbesondere über den Marktwert bei Kreditvergabe) wird jedoch begrenzt auf die durchschnittlichen Werte der letzten drei bzw. sechs Jahre.

  • Subordinated debt: Die Forderungsklasse wird neu eingeführt und erhält ein Risikogewicht von 150%.

  • Beteiligungen: Beteiligungspositionen ist künftig in der Regel ein Risikogewicht von 250% für langfristig und strategisch motivierte Beteilungen und 400% für kurzfristige spekulative Engagements. Ausnahmen mit 100% Risikogewicht bestehen für Zentralbank-Beteiligungen und Beteiligungen im Rahmen von öffentlichen Förderungsprogrammen.

Auf internen Ratings basierende Ansätze (IRBA)

Der CRR III Entwurf führt auch im IRBA zu einigen Änderungen:

  • Der fortgeschrittene IRBA wird für Positionen ggü. Instituten und großen Unternehmen nicht mehr möglich sein, es darf jedoch weiterhin eine eigene PD-Schätzung erfolgen (IRB-Basisansatz).

  • Beteiligungen werden generell im Standardansatz zu behandeln sein.

  • Um RWA-Diskrepanzen zwischen den Instituten entgegenzuwirken, werden stringentere Floor-Regelungen für PD, LGD und CCF definiert (Input-Floors).

  • Der Skalierungsfaktor in Höhe von 1,06 entfällt teilweise.

  • Die aufsichtliche Parametervorgaben im F-IRBA werden überarbeitet, z.B. reduziert sich die LGD für unbesicherte Forderungen ggü. Unternehmen von 45% auf 40%.    

  • Damit die Institute flexibler auf die neuen Anforderungen reagieren können, können diese einen Antrag bei den zuständigen Behörden stellen, der ihnen nach Genehmigung in dem Zeitraum von 2025 bis 2027 einräumt den Standardansatz anstelle des IRBA zu nutzen. Des Weiteren wird es den Instituten gestattet den IRBA zukünftig nur noch selektiv für bestimmte Forderungsklassen zu verwenden. Dabei müssen sie den Ansatz für mindestens eine der IRBA-Forderungsklassen nutzen.

CVA-Risiken

Der interne Modelle-Ansatz (IMA-CVA) wird verworfen. Am Anwendungsbereich gibt es insofern Änderungen, dass zukünftig nur Wertpapierfinanzierungsgeschäfte mit einfließen, die mit ihrem Fair Value bilanziert werden und von Materialität sind. Für die Ermittlung der CVA-Charge sollen die folgenden Ansätze möglich sein:

  • Standardansatz SA-CVA: Adaption des Standardansatzes im Rahmen von FRTB mit Betrachtung der Sensitivitäten Delta und Vega.

  • Basisansatz BA-CVA: Ansatz der auf unhedge und hedge- Komponenten beruht. Die Risikogewichtung erfolgt anhand einer Sektorabgrenzung und der Bonitätsstufe.

  • Wahlrecht für Banken unter der Materialitätsschwelle mit einem Derivateportfolio < 100 Mio. € für die Nutzung des vereinfachten Ansatzes.

Weitere Themen

Die oben aufgeführten Änderungen stehen für die wesentlichen und zugleich umfangreichsten Neuerungen im Rahmen des CRR III Entwurfs. Darüber hinaus gibt es noch weitere Anpassungen in den Bereichen Own Funds, Marktrisiko, CRM, Leverage Ratio, ESG-Risiken und der Offenlegung. In der folgenden Tabelle sind diese kurz zusammengefasst:

Herausforderungen

Wir empfehlen, die Herausforderungen, welche mit der fristgerechten Implementierung der neuen gesetzlichen Vorgaben einhergehen, bereits jetzt anzugehen. Zentral hierbei ist die Einwertung der veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen im Hinblick auf den eigenen Datenhaushalt, um möglichst frühzeitig wichtige Datenanforderungen formulieren und bearbeiten zu können. Die Analyse von Wahlrechten und die interpretationsfreie Auslegung der fachlichen Anforderungen ist ebenso eine entscheidende Aufgabe. Zudem kann es interessant sein für bestimmte Einzelthemen des CRR III Entwurfs oder auch für das Gesamtpaket an relevanten Änderungen Proberechnungen durchzuführen und erste Vorstudien anzugehen, um eine Grundlage für eine nachhaltige Projektplanung zu schaffen.


Mit dem Finbridge-Erfolgsmodell zum Projektziel

Finbridge ist am Markt in Vorstudien, Proberechnungen und Umsetzungsprojekten im Kontext Aufsichtsrecht mit langjähriger Erfahrung aktiv und kann Sie bei all den Herausforderungen mit fundierter Erfahrung und Expertise wertstiftend unterstützen. Unsere Experten stehen verschiedenen Kunden seit der frühen Konsultationsphase als Analyse- und Umsetzungspartner zur Seite und können für das vorliegende Projektvorhaben auf entsprechende Praxiserfahrung zurückgreifen. Darüber hinaus beteiligt sich Finbridge aktiv im Rahmen von Fachkonferenzen, QIS, FAQ und Verbandsäußerungen am Dialog mit der Aufsicht und der branchenweiten Abstimmung von Umsetzungsvorhaben. Sie haben Fragen zu den fachlichen Änderungen im Detail? Sie benötigen Unterstützung bei der Planung Ihrer Vorstudie oder ihres Umsetzungsprojektes zur CRR III? Unsere Finbridge Experten stehen Ihnen mit ihrem fachlichen Know-How bei der Planung und Umsetzung gerne zur Seite. Sprechen Sie uns einfach an.

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