Risikoprämien bei Anleihen [Teil 2]: Non-ESG Prämie

In unserem letzten Karussell [Teil 1] haben wir uns mit den Risikoprämien von Anleihen - speziell der Bonitätsprämie befasst. In diesem Artikel beschäftigen wir uns mit den Auswirkungen von ESG-Aspekten (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) auf die Risikoprämien von Anleihen. Die Non-ESG Prämie spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle. Wir zeigen auf, wie Unternehmen ihre Anleiheprämien im Portfolio optimieren und Fremdkapitalkosten senken können. Zudem werfen wir einen Blick darauf, wie Machine Learning (ML) dabei helfen kann, ESG-Praktiken zu analysieren und Investitionsentscheidungen nachhaltig zu beeinflussen.

Woher kommen Renditen bei Anleihen?

Bevor wir uns auf die Non-ESG Prämie konzentrieren, ist es wichtig, die verschiedenen Renditequellen von Anleihen (siehe [1]) zu verstehen. Diese umfassen:

1. Risikoloser Zins: Der risikolose Zins bildet die Basisrendite, die Anleger bspw. von einer als ausfallsicher geltenden (AAA-) Anleihe erwarten können. Je kürzer die Restlaufzeit einer Anleihe ist, desto geringer fällt das Zinsänderungsrisiko ins Gewicht, was zu niedrigeren Kursschwankungen führt.

2. Steilheit der Zinskurve: Eine steile Zinskurve kann zu Kursgewinnen führen, da eine t-jährige Anleihe in einem Jahr als eine (t-1)-jährigen Anleihe bewertet wird.

3. Bonitätsprämie: Unterschiede in der Bonität der Emittenten führen zu einer Risikoprämie bei Anleihen.

4. Liquiditätsprämie: Geringe Liquidität und ein geringes Emissionsvolumen können zu einer erhöhten Liquiditätsprämie führen.

5. Non-ESG Prämie: Nachhaltigkeitsfaktoren, wie ESG-Ratings, können zu unterschiedlichen Umlaufrenditen bei Anleihen führen.

Hintergrund für mehr nachhaltigkeit: EU-Aktionsplan

Institutionelle Investoren verspüren einen immer höheren Druck, in Anleihen zu investieren, die den ESG-Kriterien entsprechen. Der Hintergrund ist der EU-Aktionsplan, der die Förderung nachhaltiger Finanzinstrumente zum Ziel hat und aus den drei fundamentalen Bausteinen besteht:

  1. EU-Taxonomie Verordnung (Klassifikationssystem): Durch die EU-Taxonomie wird eine einheitliche Klassifikation für nachhaltige Aktivitäten geschaffen.

  2. Offenlegungspflichten: SFDR, CSRD, Anlageberatung nach MiFID, CO2-Bilanzierung, etc.

  3. Benchmarks für nachhaltige Finanzinstrumente: Die EU hat Benchmarks für nachhaltige Finanzinstrumente eingeführt, um nachhaltige Investitionen zu fördern.

Die Bedeutung der Non-ESG Prämie für Unternehmen

Um den Anforderungen des Aktionsplans gerecht zu werden, sehen sich Unternehmen gezwungen, Kapitalflüsse in nachhaltige Anlagen umzuleiten, finanzielle Nachhaltigkeitsrisiken zu steuern und Transparenz zu schaffen. Ein besseres ESG-Rating kann dazu führen, dass Unternehmen attraktivere Zinssätze bei der Finanzierung (emittierter Anleihen) verlangen können. Investoren sind oft bereit, bei geringeren Zinsen in die Anleihen eines besser bewerteten Unternehmens zu investieren.

Die Rolle von ML bei der Bewertung von ESG-Praktiken

ML kann eine entscheidende Rolle spielen, wenn es darum geht, Unternehmen nach ESG-Kriterien zu analysieren und zu bewerten. Durch ML können Unternehmen umfangreiche Daten aus Nachrichtenportalen und anderen Quellen analysieren und damit non-ESG-Prämien im Portfolio unter Berücksichtigung von ESG-Kriterien optimiert werden. Transparenz und Verantwortlichkeit bei der Verwendung von ML sind dabei von entscheidender Bedeutung, um faire und verlässliche Ergebnisse zu gewährleisten.

5 Möglichkeiten der Optimierung mit ML

  1. ESG-Datenanalyse: Durch den Einsatz von Natural Language Processing (NLP) können unstrukturierte Textdaten aus ESG-Datenquellen wie Unternehmensberichten und Umweltmessungen analysiert werden, um wichtige Informationen zu extrahieren und in Tabellenform nach frei wählbaren Kriterien und Merkmalen auszugeben.

  2. ESG-Ratings: ML-Algorithmen können ESG-Praktiken selbst bei großen Datenmengen verbessern und Muster erkennen, die darauf hindeuten, wie zuverlässig Nachhaltigkeitsaspekte in der Unternehmensführung integriert werden.

  3. ESG-Scoring: Durch ein automatisiertes ESG-Scoring-System können Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit bewertet werden, um fundierte Entscheidungen über Investitionen in Anleihen zu treffen.

  4. Risikomodellierung: ML-Risikomodelle lassen sich erstellen, die den Einfluss von ESG-Faktoren auf die finanzielle Stabilität des Unternehmens bewerten.

  5. Anlegerprofilanalyse: ML kann dabei helfen, die Vorlieben und Prioritäten institutioneller Investoren im Hinblick auf ESG-Aspekte besser zu verstehen und so gezielt Informationen zu präsentieren, die das Interesse an nachhaltigen Anleihen erhöhen.

👉 Swipen Sie durch unser Karussell, um mehr über die Nutzung von Risikoprämien bei Anleihen und die Bedeutung der Non-ESG Prämie zu erfahren!

 

Erstellt von Dr. Carsten Keller und Ivan Balashov

Referenzen* im Karussell**

[1] Dr. Andreas Beck & Nicolas Kocher. (2023). Zinsen verstehen und nutzen - Chancen und Risiken bei Anleihen: Ein Leitfaden für Investoren. Index Consulting.
https://www.income-one.com/ebook

2] Florian Berg, Julian F. Koelbel, Roberto Rigobon: Aggregate Confusion: The Divergence of ESG Ratings, 2022

[3] Cam Simpson, Akshat Rathi, Saijel Kishan: The ESG Mirage, 2021

[4] Andrea Hangartner. (2021). Nachhaltige Investments mit Fokus auf die Entwicklung des Anleihemarktes seit Beginn der COVIS-19 Pandemie. Diplomarbeit (Uni Innsbruck).

[*]: Links abgerufen am 27.07.2023

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