Newsletter #1/2022

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Übersicht der Themen

Meldewesen: BaFin veröffentlicht Machbarkeitsstudie zum Meldewesen der Zukunft; BIS Report bewertet die Einhaltung der Anforderungen an die NSFR als größtenteils erfüllt.


Abwicklungsplanung: SRB veröffentlicht die Resolvability Heatmap; detailliertere Anforderungen an die Bail-In-Umsetzung von SRB und BaFin.

Investmentfirmen: Finale Vorgaben zu Bereichen aus IFR und IFD.


Entwicklung aufsichtlicher Kennzahlen: Steigende Asset-Encumbrance-Quoten im Jahr 2021, hohe Kapital- und Liquiditätsquoten in Q1 2022 beiAbnahme der Kreditqualität.

Stresstest 2023 und Ausblick der EBA: Jahresbericht 2021 der EBA undneue Methodik für Stresstest im Jahr 2023.

Interne Risikomodelle: Umgang mit von Corona betroffenen Daten und Diskussion zum Supervisory Handbook zur Validierung von IRB-Systemen.

Weitere Neugikeiten

Betrachtungen zur Inflation


Meldewesen

Meldewesen der Zukunft: Im Juli veröffentlichte die BaFin eine Machbarkeitsstudie zum Meldewesen der Zukunft. Unter Berücksichtigung von BIRD und iREF (siehe auch unsere Veröffentlichung vom 5. Juli) sowie einer entsprechenden Machbarkeitsstudie zu diesem Thema seitens der EBA vom Dezember 2021, entwickelte die BaFin gemeinsam mit der Bundesbank und der Kreditwirtschaft ein Zielbild. Dieses basiert auf einem mixed-granularen Modell, das neben granularen Daten auch bereits aggregierte Datensätze in Form sogenannter “anchor values” enthält. Dadurch könnten mehr als 75% der komplexen Datenpunktaggregate zentral entstehen und damit für Institute entfallen. BIRD und iReF würden dafür die Grundlage bilden, nun geht es darum, Werbung für das entwickelte Zielbild auf europäischer Ebene zu machen.

NSFR-Compliance: Das BIS veröffentlichte eine Einschätzung zur Einhaltung der NSFR-Anforderungen, wie sie seit Juni 2021 verpflichtend einzuhalten sind. 13 große, internationale Banken (zusammen ca. 61,4% Bilanzsumme der international aktiven Banken in der EU) erfüllen demnach die Anforderung in drei von vier Bewertungsbereichen komplett („compliant“). Im Bereich Required Stable Funding  führten neun unmaterielle Findings zu der Einstufung als „largely compliant“, die zweitbeste Note. Ausstehende Zahlungen aus Wertpapierfinanzierungsgeschäften und andere Transaktionen sollen ab 2025 etwas erhöhte RSF-Faktoren erhalten


Abwicklungsplanung

Resolvability Heatmap: Im Juli veröffentlichte das SRB ein Assessment zur Abwicklungsfähigkeit der Institute in der Bankenunion, inkl. der zuvor angekündigten Resolvability Heatmap. Diese erlaubt eine strukturierte, vergleichbare Bewertung der Abwicklungsfähigkeit entlang der Dimensionen der Expectations for Banks. Zum Bewertungszeitpunkt Mitte 2021 fielen insbesondere Liquidität in der Abwicklungsplanung und Management-Informations-Systeme als Bereiche auf, bei denen die Erfüllung der Anforderungen noch gezeigt werden muss. Im Bereich Governance schnitten die Banken insgesamt am besten ab. Die Assessments zur Abwicklungsfähigkeit erfolgen fortan jährlich unter Verwendung der Heatmap.

Bail-In-Umsetzung: Im Juni veröffentlichte das SRB ein Update der Operational Guidance on on Bail-In Playbooks. Darin werden insbesondere Anforderungen zu internen Verlusttransfer-Mechanismen und MIS sowie dem Testen des Bail-In-Playbooks spezifiziert. Im Juli veröffentlichte die BaFin eine erweiterte Fassung des Merkblatts zur externen Bail-In-Implementierung, welches nun auch Informationen zum Umgang mit internationalen Inhaberschuldverschreibungen, die über die ICSDs Euroclear Bank oder Clearstream Banking Luxembourg emittiert wurden.


Investmentfirmen

Finale Vorgaben zu Bereichen der IFR/IFD: Im Juni und Juli veröffentlichte die EBA drei finale Guidelines zur Spezifizierung von Vorgaben gemäß der IFR. In erster Linie an die Aufsicht richten sich die Vorgaben für die Kriterien von Ausnahmeregelungen von Liquiditätsanforderungen sowie für die Harmonisierung des SREP-Verfahrens.

Die Guidelines zur Vergütung und Gender Pay Gap Benchmarking Exercise sind direkt von Wertpapierinstituten bei den Daten, die für das Jahr 2022 bis August 2023 zu übermitteln sind, zu berücksichtigen. 


Entwicklung aufsichtlicher Kennzahlen

Kapitalausstattung, Liquidität und Belastung von Vermögenswerten: Gemäß dem EBA Risk Dashboard mit Werten vom März 2022 weisen die Banken in der EU hohe Kapital- und Liquiditätsquoten auf. Insbesondere geopolitische Spannungen führten zu einer Abnahme der Kreditqualität und Banken befürchten in diesem Zusammenhang operationelle Risiken und Cyber Risk. Die Belastungsquoten sind 2021 auf Basis einer weiteren Analyse angestiegen (von 25,1% Ende 2019 auf 29,1% Ende 2021) und scheinen sich Ende 2021 zu stabilisieren. Mehr als 50% der zentralbankfähigen Assets waren belastet.

Trotz Corona nahm der Anteil der Non-Performing Loans (NPL) seit März 2020 kontinuierlich ab, während der Anteil an Vermögenswerten, die gemäß IFRS 9 als Stage 2 kategorisiert werden, gestiegen ist. Die Kategorie „Stage 2“ umfasst Positionen, bei denen die Kreditqualität sich verschlechtert hat, jedoch kein unmittelbarer Beweis für einen bevorstehenden Ausfall vorliegt.

 

Stresstest 2023 und Ausblick der EBA

Stresstest 2023:  Im Juli veröffentlichte die EBA die Entwürfe der Unterlagen zum geplanten Stresstest für das Jahr 2023. Die Methodik basiert auf dem Stresstest aus dem Jahr 2021, wobei einige Aspekte verbessert wurden. Insbesondere werden Vorhersagen für den Provisionsüberschuss nun von Seiten der Aufsicht vorgegeben (top-down-model). Dies stellt methodisch einen ersten Schritt hin zum Hybrid-Ansatz (d.h. nicht mehr nur bottom-up) dar. Der Stresstest wird 76 Banken, davon 63 im Euro-Raum, betreffen und damit 75% der bilanziellen Vermögenswerte von Banken im Euro-Raum abdecken.

Jahresbericht 2021:  Im Juni veröffentlichte die EBA ihren Jahresbericht für das Jahr 2021. Erreichte Ziele sind neben der Reaktion auf Covid-19 u.a. die Umstrukturierung zur Adressierung neuer Aufgabenschwerpunkte, bspw. im Bereich ESG, Digital Finance und Geldwäsche. Als strategischer Fokus für 2022 werden der Review der Stresstest-Methodik, die Umsetzung des Geldwäsche-Rahmenwerks, Innovation und Sustainable Finance sowie ein Monitoring der Einflüsse des Ukraine-Kriegs wie auch Corona auf den Bankensektor genannt.


Interne Risikomodelle

Corona und interne Kreditrisikodaten: Im Juni veröffentlichte die EBA vier Prinzipien zum Umgang mit von Corona betroffenen Geschäftsdaten bei Verwendung des IRB-Ansatzes. Diese handeln von der entsprechenden Berücksichtigung gemäß den Anforderungen an die Repräsentativität der Daten zur Kalibrierung der internen Modelle und stellen einen Teil des Supervisory Handbooks zum Umgang mit von Corona betroffenen Daten dar, das noch 2022 veröffentlicht werden soll.

Validierung von IRB-Systemen: Ende Juli veröffentlichte die EBA ein Konsultationspapier zum Supervisory Handbook für die Validierung von IRB-Systemen.  Das Handbook soll eine Harmonisierung bei der Erfüllung der unabhängigen Validierungsfunktion durch die Aufsichtsbehörden sicherstellen und beinhaltet unter anderem detaillierte Beschreibungen zu den Aufgaben beim Modelling und der Bewertung von Modell-Performanz.


Weitere Neuigkeiten

Betrachtungen zur Inflation

Das Thema ist brisant, allgegenwärtig und maßgeblich für Entwicklungen im Bankensektor: Die Inflation. Sie ist ein entscheidender Faktor für die Rentabilität und Stabilität der Banken. Wenn die Inflation korrekt vorhergesehen wird und die Zinssätze entsprechend angepasst werden, wirkt sie sich positiv auf die Rentabilität der Bank aus. Ein unerwarteter Anstieg der Inflationsraten kann jedoch zu Liquiditätsschwierigkeiten führen. Außerdem liegt das Risiko aus Krediten an private Haushalte auf der Hand: Wenn die Nominallöhne den Preisanstieg nicht ausgleichen, leidet das real verfügbare Einkommen. Gemäß einer Umfrage der EBA bewerten 87% der Banken die steigenden Zinsen als positiv für ihre Rentabilität. Es ist wahr, dass die Inflation insbesondere zu Beginn von volatilen Elementen wie Gas und Öl getrieben wurde, doch sind die Preiserhöhungen mittlerweile bei verschiedensten Waren und Dienstleistungen zu spüren.

 Das Verhalten der EZB dazu macht regelmäßig Schlagzeilen. Die Märkte sind geschockt, dass die Anleihekäufe ein Ende haben sollen. Es war klar, dass dieser Moment kommen würde. Der Europäische Gerichtshof urteilte unzweideutig, was beim Quantitative Easing möglich ist und was nicht. Eine Bedingung war, dass es ein Ende geben muss. Die Anleihekäufe stellen ein geldpolitisches Instrument dar, prinzipiell aber keine Schuldenmonetarisierung. Der Kernpunkt sind die Spreads bei Staatsanleihen. Im Juni betrug die Rendite auf italienische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren über 4% und der Spread zu deutschen Staatsanleihen über 2%. Staatsanleihen stellen den größten Anteil an Collateral bei Geldmarktgeschäften in der Europäischen Union dar. Sollten diese Anleihen an Wert verlieren, wären sie nicht mehr entsprechend als Collateral einsetzbar und ein ”Teufelskreis” würde folgen.

Wäre das Collateral-Problem gelöst, könnte die EZB die Fragmentierung der Union angehen, ohne auf Quantitative Easing zurückgreifen zu müssen. In der nächsten Phase ist durchaus auch eine Diskussion des 2%-Ziels selbst denkbar. Wieso nicht 3% oder 4%? Die Europäischen Verträge spezifizieren keine Nummer. Es kann zu einem Punkt kommen, an dem die EU sich zu entscheiden hat zwischen Inflation und Desintegration. Sie würde niemals die Desintegration wählen. Anleihekäufe der EZB sind keine risikofreie Alternative zu Eurobonds gewesen, insbesondere, wie man jetzt sieht, weil die EZB in ihrem Handlungsspielraum stark eingeschränkt wird, wenn Inflation herrscht.


 

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