Testen in der Abwicklungsplanung

Foto von Arno Senoner auf Unsplash, Download am 09.02.23

 

Ausgangslage

Das Testen der präferierten Abwicklungsstrategie stellt gem. der Expectations for Banks (EfBs) einen Arbeitsschwerpunkt für die Institute in den kommenden Jahren dar. In diesem Zusammenhang hat bei Instituten mit der festgelegten präferierten Abwicklungsstrategie des Bail-ins, das Bail-in Playbook eine hohe Bedeutung, da es die relevanten Prozessschritte und Rahmenbedingungen zur Durchführung eines Bail-ins darstellt. Im Rahmen der Testaktivitäten haben aber auch andere Themengebiete eine entscheidende Relevanz und die Institute sollen auch hier durch das Testen nachweisen, dass diese Lieferobjekte im Abwicklungsfall operationalisierbar sind. Dies beinhaltet unter anderem das Testen des Lieferobjekts des Valuation Data Sets, welches eine zeitnahe Bereitstellung von ausreichenden Informationen zur Bewertung des abzuwickelnden Instituts in der Abwicklung behandelt.

In Zukunft werden die o.g. Anforderungen noch erweitert. Gemäß den EBA-Guidelines (EBA/CP2022/12) sollen Institute zukünftig ein mehrjähriges Testprogramm von den zuständigen Abwicklungsbehörden auferlegt bekommen. Weiterhin sollen GSII-Institute, Top Tier Institute und speziell vom SRB ausgewählte Institute („Fished Banks“) zukünftig (mit Beginn 2026) ein Master Playbook erstellen. Dieses Master Playbook ist hierbei für diese Institute verpflichtend und in diesem soll eine übergreifende Umsetzung eines Bail-ins über die Dimensionen der Expectation for Banks (EfBs) hinweg dargestellt werden. Im Rahmen der Erstellung des Master Playbooks kann es hierbei hilfreich sein, auf bereits bestehende Erkenntnisse aus durchgeführten Tests zurückzugreifen. Gerade eine übergreifende Test-Methodik, welche alle relevanten Tests und Themengebiete zur Abwicklungsplanung in einem Testprogramm betrachtet, kann wertvolle Rückschlüsse zur Erstellung eines Master Playbooks liefern, besonders hinsichtlich Abhängigkeiten und Verknüpfungen von Prozessen in der Abwicklung.

Mit dem nachfolgenden Insight wollen wir Ihnen einen kurzen Überblick über mögliche Ansatzpunkte für eine solche übergreifende Methodik darstellen und Ihnen zusätzlich einen Ausblick über Anforderungen und Herausforderungen in Bezug auf das Testing des Bail-in Playbooks und des Valuation Data Sets geben.


Valuation Data Set

Im Gegensatz zu Themen wie etwa dem Bail-in, sind die bisher formulierten Erwartungen der Abwicklungsbehörden zu Testaktivitäten im Kontext Valuation Data Set eher kurz ausgefallen. Die einzige bislang offizielle Anforderung ist ein vom SRB erwartetes Self-Testing der „MIS for Valuation“ durch die Institute, dessen Ergebnisse bis 31.12.2022 über einen entsprechenden Report bei der Abwicklungsbehörde einzureichen war. Neben den reinen Testergebnissen im Sinne von „passed“ oder „failed“, sollte dieser Report auch den Scope, bezogen auf die Art der Assets und deren Anteil am Geschäftsvolumen, besondere Herausforderungen bei der Datenbereitstellung und erste „lessons learned“ beinhalten.

Interessant hierbei war zum einen der Zeitpunkt 31.12.2022 zu dem dieses Self-Testing bereits abgeschlossen sein musste, obwohl die meisten Häuser sich noch mitten in der Umsetzung der Lösung befanden, mit der künftig das Valuation Data Set zeitnah, robust und mit guter Qualität bereitgestellt werden soll. Es ist davon auszugehen, dass wenn überhaupt nur kleine Teilbereiche wirklich einem sinnvollen und erkenntnisbringenden „Self-Testing“ unterzogen werden konnten. Zum anderen erfährt das Thema Valuation mit diesem Self-Testing und dessen reiner Fokussierung auf die systemische Seite (MIS for Valuation) eine Verengung, die prozessuale Erfordernisse, wie z.B. manuelle Anpassungen als Datenqualitätsmaßnahmen oder auch rein manuelle Datenlieferungen, völlig außer Acht lassen.

Es ist aber genau dieses Zusammenspiel von Software-Komponenten, die eigens für die Erzeugung des Valuation Data Sets entwickelt werden, auf der einen Seite und angepassten oder neuen Prozessen auf der anderen Seite, das optimal funktionieren muss, damit das Ziel einer sehr zeitnahen Datenbereitstellung realisierbar ist.

Es ist davon auszugehen, dass dieses Zusammenspiel nach Abschluss der Arbeitsprogramme zum Thema Valuation ab 2024 dann analog zum Bail-in Playbook im Rahmen regelmäßiger Dry-Runs zu testen und zu üben sein wird.


Bail-in Playbook

Hinsichtlich des Bail-in Playbooks wurde seitens des SRB in 2022 eine Neufassung der Operational Guidance on Bail-in Playbooks veröffentlicht, welche sich nun auch explizit mit dem Testen des Playbooks auseinandersetzt, und die Institute auffordert die Operationalisierung der Prozessschritte im Rahmen von Dry-Runs nachzuweisen. Durch Erfüllung dieser Anforderungen soll ermöglicht werden, dass Banken im Falle einer Abwicklung die Operationalisierbarkeit des Bail-in Playbooks innerhalb des vom SRB geforderten Zeitrahmens gewährleisten können.

Im Rahmen ihrer Testaktivitäten sollen Institute deshalb zukünftig jährlich Dry-Runs zu den relevanten Prozessen des Bail-in Playbooks durchführen. In diesem Zusammenhang wird vom SRB auch jährlich ein ausgewähltes Szenario für die Dry-Runs vorgegeben, welches bei Durchführung der Tests beachtet werden sollte. Weiterhin ist gefordert, dass die Banken, in Absprache mit den Abwicklungsbehörden, eine Auswahl zu den relevanten Prozessen für die jährlichen Dry-Runs treffen.

Zu diesen relevanten Prozessen können unter anderem Kernprozesse zur Datenbereitstellung in der Abwicklung, wie die Erstellung der Verbindlichkeiten Liste, zählen. Hierbei wurde von den Abwicklungsbehörden angeregt, einen sukzessiven Ansatz zur Auswahl der relevanten Prozesse anzunehmen und stufenweise jährlich neue relevante Prozesse mit in die Testungen aufzunehmen. Bei der Auswahl der Prozesse sollten hierbei zuerst Prozesse zur Bereitstellung von Daten für einen Bail-in und Prozesse zur internen Bail-in-Implementierung mit in die Tests aufgenommen werden, bevor andere Prozesse bei den Tests Beachtung finden.


Übergreifende Test-Methodik & Master Playbook

Im Sinne der vorherig beschriebenen Anforderungen an das Testen erscheint es für die Institute erstrebenswert eine übergreifende Test-Methodik anzustreben. Im Rahmen einer solchen Methodik besteht zum einen die Möglichkeit alle Testfälle in einem einheitlichen Testprogramm darzustellen und nicht für jedes Themenfeld ein eigenes Testprogramm zu benötigen. Zum anderen können durch eine solche Methodik zusammenhängende Prozessketten über die Dimensionen der EfBs hinweg getestet werden, was eine effizientere Testgestaltung ermöglicht und wichtige Verknüpfungen und Abhängigkeiten zwischen den Abwicklungsprozessen aufgedeckt. Ein Beispiel wäre hierbei, dass im Rahmen eines Testfalls zuerst die Alarmierung des Vorstands als Governance-Prozess getestet wird. Anschließend könnte direkt das Testen zur Bereitstellung der Gläubigeridentifikationsliste in der Abwicklung folgen, wodurch analysiert werden kann, ob bspw. Prozessschritte im Zusammenspiel der beiden Prozesse obsolet sind oder Abhängigkeiten sowie Verknüpfungen bestehen.

Diese Erkenntnisse erlauben dann relevante Weiterentwicklungen der bereits bestehenden Lieferobjekte und wertvolle Rückschlüsse für Institute, welche gemäß den EBA-Guidelines ein Master Playbook erstellen sollen. Wie eingangs bereits beschrieben, stellt das Master Playbook eine neue Anforderung für besonders komplexe Institute dar. Im Rahmen des Master Playbooks sollen alle für den Bail-in relevanten Aspekte aus den Dimensionen der EfBs, wie bspw. der Governance, der Operationellen Kontinuität, Liquidität und Funding und Kommunikation übergreifend beschrieben werden und in einen gemeinsamen verknüpften Kontext gesetzt werden. Hierdurch gehen die Anforderungen des Master Playbooks ganz klar über die Anforderungen des Bail-in Playbooks hinaus. Durch Anwenden einer übergreifenden Test-Methodik kann hier ein einheitliches Verständnis über die Abwicklungsprozesse für die Umsetzung eines Bail-ins geschaffen werden, welches die Erstellung eines Master Playbooks für das betreffende Institut vereinfacht.

Im Nachfolgenden wird genauer auf eine Herangehensweise hinsichtlich einer übergreifenden Test-Methodik eingegangen und erklärt, welche Punkte hierbei zu beachten sind. Das Schaubild fasst hierbei alle grundsätzlichen Ansatzpunkte für eine übergreifende Test-Methodik kurz zusammen:

Abbildung 1 Übergreifende Test-Methodik

Wie in Abbildung 1 zu sehen, muss zuerst eine Longlist, also eine Grundgesamtheit von potentiellen Testfällen bestimmt werden. Hierbei sollte das Institut alle Testfälle in den Scope miteinbeziehen, welche relevant für die Umsetzung der Abwicklungsstrategie sein könnten. Auf dieser Grundgesamtheit basierend kann dann die Bestimmung der Shortlist erfolgen, also eine Auswahl der vorhandenen Testfälle. Diese Auswahl der Testfälle kann hierbei auf unterschiedliche Arten durchgeführt werden und sollte hierbei in erster Linie die Kernprozesse zur Umsetzung der Abwicklungsstrategie im Fokus haben. Das heißt, dass vor allem die Prozesse ausgewählt und getestet werden sollen, die für eine Abwicklung essenziell sind. Relevant ist hierbei auch, dass gegenüber der Abwicklungsbehörde klar ersichtlich sein sollte, auf welcher Basis die Auswahl der Testfälle erfolgt ist. Nachdem die Shortlist erstellt wurde, kann anschließend auf Basis dieser bestimmt werden, welche Testparameter zur Durchführung der Testfälle benötigt werden. Testparameter sind hierbei Faktoren, welche die relevanten übergreifenden Rahmenbedingungen zur Durchführung des jeweiligen Testfalls definieren. Hierzu gehören unter anderem Faktoren, welche die Datengrundlage des jeweiligen Tests beschreiben oder auf den zugehörigen Stichtag der Daten eingehen. Die Shortlist zusammen mit den Testparametern sollte sich dann in einem übergreifenden Testprogramm widerspiegeln, welches dann als Grundlage für die jährlichen Tests dienen kann.


Mit dem Finbridge-Erfolgsmodell zum Ziel

Finbridge unterstützt Sie gerne bei der Umsetzung der Anforderungen zur Abwicklungsplanung. Unsere Expertinnen und Experten haben teils selbst bei der Bundesbank, dem SRB und Anbietern von Meldewesensoftware gearbeitet. Sie sind am Markt in Vorstudien, Proberechnungen und Umsetzungsprojekten im Kontext Abwicklungsplanung und Aufsichtsrecht mit langjähriger Erfahrung aktiv und können Sie bei all den Herausforderungen mit fundierter Erfahrung und Expertise wertstiftend unterstützen. Aufgrund unseres umfangreichen Fachwissens in der Gesamtbanksteuerung, gekoppelt mit weitreichender umsetzungsorientierter Praxiserfahrung rund um die Abwicklungsplanung, können wir flexibel auf Ihre Wünsche und Institutsspezifika eingehen und begleiten Sie bis zur Erfüllung der Erwartungen der Abwicklungsbehörden.

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