Die Zukunft in Data Driven Insurance

Photo by @wolfgang_hasselmann on Unsplash, Abgerufen am 13.12.2021.

 

Situation

Die Versicherungsbranche steht an der Schwelle eines Paradigmenwechsels. Assekuranzen müssen sich mit grundlegenden strategischen Fragen auseinandersetzen. Es ist wichtiger denn je, aufkommende Trends zu antizipieren und sich auf den Wandel vorzubereiten. Sie müssen sich darauf einstellen, wer die Herzen und Geldbörsen der Versicherungskunden von morgen gewinnen wird. Damit Versicherer mithalten können, müssen sie gezielt Technologien nutzen, um die digitale Reife über die gesamte Dauer der Kundenbeziehung und Wertschöpfungskette hinweg zu erhöhen um ihren Kunden eine reibungslose, einzigartige und maßgeschneiderte Serviceerfahrung zu bieten - ein Leben lang!

Sicher ist, dass die Grundlage für den Geschäftserfolg die umfassende Verfügbarkeit von Informationen sein wird. Die IT-Landschaft, die Qualität des unternehmenseigenen Datenbestandes und die Fähigkeit, die gewünschten und notwendigen Informationen aus internen und externen Datenquellen zu extrahieren, werden entscheidend für den zukünftigen Erfolg einer Assekuranz sein.

Die Versicherer von morgen werden mit denen von heute wenig gemeinsam haben. Sechs Thesen dazu, wie neue Technologien und die Verfügbarkeit enormer Informationsmengen die Welt der Versicherer von Grund auf verändern werden.

100% Digital - 100% Data Driven

1)    Die Versicherung von morgen ist zu 100 % digital

Die heutige Generation ist daran gewöhnt, dass alle Informationen und Dienstleistungen auf Knopfdruck online verfügbar sind, jederzeit und überall. Diese Erwartungen werden auch im Hinblick auf Versicherungsdienstleistungen immer deutlicher. Aus diesem Grund haben einige Assekuranzen bereits begonnen, auf gedruckte Versicherungsdokumente zu verzichten und setzen auf Online-Vertriebskanäle, digitale Sprachassistenten und Chatbots. So können Kunden rund um die Uhr ihre Versicherung abschließen, anpassen oder kündigen und erhalten jederzeit Unterstützung bei komplexeren Fragen. Die digitale Bearbeitung von Versicherungsdokumenten und Schadensfällen erspart zudem unnötiges Papier und macht die Versicherer nachhaltiger. Dieser Trend wird sich noch weiter verstärken. [1]

Mit zunehmender Digitalisierung wird sich auch das Kundenserviceerlebnis weiter verändern. Einfachere Versicherungsfälle werden dann durch künstliche Intelligenz (KI) bearbeitet, abgeschlossen und abgewickelt. Bei komplizierteren Schäden werden die Versicherungsfälle in einzelne Bearbeitungsschritte digitalisiert, so dass der Kunde den Status seiner Schadensbearbeitung einfach und jederzeit online abrufen kann. Auch die materielle Schadensbehebung, zum Beispiel bei Kfz- oder Hausratschäden wird vom Kunden vollständig digital erfasst und übermittelt werden, um dann, wiederum KI-gestützt, mit der finanziellen Schadensregulierung abgeglichen zu werden.

[1] Ökologische, soziale und staatliche (ESG)-Anforderungen.

Abbildung 1: App zur digitalen Erhebung und Übermittlung von Bau- und Renovierungsinformationen von Kundenseite, z.B. zur Schadensregulierung / 3D-Messung und Baufortschritt mit BIM [2] Integration (Quelle: NOVA Building IT GmbH 2022).

[2] Building Information Modeling

2)    Die Versicherung von morgen ist erheblich (!) datenbasierter als heute

Versicherungsdienstleistungen beruhen seit jeher auf Erfahrungen und Wahrscheinlichkeitsberechnungen, das heißt auf Informationen und Daten über vergangene Ereignisse und daraus abgeleitete Prognosen. Mit mehr Daten und damit mehr Informationen kann ein Versicherer folglich einen besseren Service anbieten und Risiken besser bepreisen. Spannend sind dabei nicht nur Schadensfälle, sondern zum Beispiel auch detaillierte Informationen über die aktuelle Lebenssituation und das Verhalten des Kunden, über seinen Lebensstil, weitergehende Maßnahmen hinsichtlich der Gesundheitsvorsorge oder sein Verhalten (Stressverhalten) im Straßenverkehr [3]. Das bedeutet jedoch, dass sich die Versicherer mit einer Vielzahl von Datenanbietern in digitalen Ökosystemen vernetzen müssen, um Funktionen, die typischerweise von alleinstehenden etablierten Unternehmen angeboten werden, zu einem Service aus einer Hand zu kombinieren. Die Versicherer bringen ihr versicherungstechnisches Know-how ein, während die Plattformen und Ökosysteme durch ihre Fähigkeit, bestimmte Segmente anzusprechen und das Nutzerverhalten zu analysieren, Zugang zu den Kunden bieten und mehrere Berührungspunkte bieten, um die Aufmerksamkeit der Nutzer zu gewinnen und den Vorteil für sie aufzuzeigen.

[3] Im Sinne der Gesundheitsvorsorge. Die Analyse der Fahrweise und der durchschnittlichen Fahrtstrecke pro Jahr sind ja schon bekannte Analysefaktoren bei individuellen Autoversicherungspolicen.

3)    Die Versicherung von morgen ist vorsorglich

Daten und Informationen können auch dazu beitragen, Schäden erst gar nicht entstehen zu lassen. Diese Absicht ist bei den Krankenkassen bereits erkennbar. Sie befürworten bereits einen sportlichen und gesunden Lebensstil, der mit einer Smartwatch nachgewiesen werden kann. Die Tarife dieser Krankenversicherer werden dann entsprechend gesenkt. Auch in anderen Bereichen können Schadenspräventionsmaßnahmen umgesetzt werden. Digitale Systeme und Sensoren werden zum Beispiel Wasserlecks frühzeitig erkennen und die Wasserzufuhr stoppen und so größere Wasserschäden verhindern. Digital vernetzte Rauchmelder werden neben der Feuerwehr auch gleich die Schadensregulierung durch die Versicherer alarmieren bzw. informieren.

Andererseits können Push-Nachrichten mit Informationen über Risiken, wie zum Beispiel gehäufte Einbrüche oder Autodiebstähle in der Nachbarschaft, direkt auf das Smartphone gesendet werden, damit die Kunden entsprechende Vorkehrungen und Vorsichtsmaßnahmen treffen können. Die Versicherer werden so zu einem Echtzeit-Informationsdienst in ihrem eigenen, aber auch im Kundeninteresse durch Vorbeugung von beidseitigen Aufwänden zur Schadensregulierung.

4)    Die Versicherung von morgen ist individualisiert

Durch die zunehmende Menge an persönlichen Daten wird es immer einfacher, Angebote zu entwickeln, die genau auf die aktuellen Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten sind. Diese persönlichen Tarife entsprechen dann nicht mehr den standardisierten Policen. Da sie aber die aktuellen Bedürfnisse widerspiegeln, können solche persönlichen Tarife unter Umständen nur für einen kurzen Zeitraum abgeschlossen werden. Eine alleinstehende Person, die überwiegend arbeitet und nur selten Urlaub macht, braucht nicht dasselbe Versicherungspaket wie ein Elternteil, das mehrmals im Jahr mit der Familie in den Urlaub fährt. Es werden Versicherungspakete entwickelt werden, die sich automatisch an die aktuelle Lebenssituation anpassen und das daraus resultierende Risiko in den Versicherungsleistungen und der Prämie berücksichtigen - "lebenslange automatisch lebensphasenangepasste Versicherung".

5)    Die Versicherung von morgen ist kompakt

Jeder Deutsche über 18 Jahren hat im Durchschnitt sechs Versicherungsverträge, meist bei verschiedenen Versicherungspartnern. Ein möglicher Trend ist, dass Versicherungspolicen zum „Commodity“ werden und das Versicherungs-Hopping nach dem Vorbild in der Versorgungswirtschaft zunimmt. Die Kunden suchen nach dem "besten (günstigsten) Angebot" und passen ihr Versicherungsportfolio jährlich an. Assekuranzen können diesem Szenario entgegenwirken, indem sie ihren Kunden personalisierte Pakete anbieten. Zum einen wären die einzelnen Versicherungspolicen dann nicht mehr zu 100 % vergleichbar, zum anderen können in dem Paket gegenseitig risikomindernde Effekte genutzt werden. Auch die Verwaltungs- und Bearbeitungskosten sind dann reduziert, so dass ein dauerhaft wettbewerbsfähiges Versicherungsangebot geschaffen wird. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Assekuranz einen umfassenderen Einblick in die Lebensumstände und das damit verbundene Risiko des Versicherungsnehmers erhalten.

6)    Die Versicherung von morgen ist ein Datenschatz

Seit vielen Jahren speichern die Versicherer enorme Datenmengen über ihre Kunden, Schadensfälle und andere begleitende Informationen, auf deren Grundlage sie die zukünftigen Wahrscheinlichkeiten von Schadensfällen und damit die Versicherungsprämie bestimmen. Daten und Information sind aber das „Gold des 21. Jahrhunderts“. Zukünftig werden die Versicherer Geschäftsmodelle erarbeiten, wie dieser Datenschatz noch umfassender genutzt und monetarisiert werden kann, natürlich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Längerfristig werden diejenigen Versicherer erfolgreich sein, die die Erkenntnisse aus ihren Investitionen und Partnerschaften in Daten und Analysen nutzen und überzeugende Lösungen für den Risikoschutz entwickeln können, die mit den sich weiterentwickelnden Vorschriften in Einklang stehen.

Annähernd vollständig automatisierte Versicherungswelt?! - JA

Die Assekuranz von morgen wird noch viel mobiler, flexibler und digitaler sein. Als ständiger Begleiter auf dem Smartphone werden Versicherer mit intelligenten Systemen und Daten auf Risiken hinweisen. Daten- und Verhaltensanalysen mit intelligenten Algorithmen werden Versicherungsbetrug schneller erkennen und individuelle Versicherungspakete möglich machen. Es entsteht ein permanenter und möglicherweise sogar Echtzeit-Kontrollkreislauf von Informationen mit einer heute kaum vorstellbaren Informationsfülle. Allein die Informationsmenge von 60 Millionen autonom fahrenden Autos in Deutschland [4], die alle in Echtzeit Informationen über Position, Geschwindigkeit, Fahrtrichtung, Ziel und Insassen liefern und verarbeiten, ist kaum vorstellbar.

Die Daten- und Informationsmengen, die den Versicherern in Zukunft zur Verfügung stehen werden und die verarbeitet werden können/müssen, sind heute nur zu erahnen. Versicherer müssen ihre IT-Infrastruktur, IT-Prozesse und die Ablauforganisation darauf vorbereiten. Laufende IT-Projekte müssen dies bereits berücksichtigen.

[4] Im Januar 2021 waren 59 Millionen KFZ in Deutschland angemeldet.

Erreichen Sie Ihr Ziel mit Finbridge

Das Silo-Denken einzelner Sparten oder Auslandsgesellschaften bei Versicherern sowie getrennte und nicht kompatible Datenbudgets müssen beseitigt werden. Neben voll digitalisierten Prozessen werden spartenübergreifende, zentrale Data Warehouses (DWHs) oder Data Lakes in Zukunft eine zentrale Rolle bei der Konsolidierung unterschiedlicher Datenquellen, einer übergreifenden Datenauswertung und einer umfassenden Informationsbereitstellung spielen. Auch die Anbindung, Nutzung und Interaktion mit allen Arten von externen Datenquellen und -anbietern muss in Zukunft berücksichtigt werden. Bei der Definition von Daten- und IT-Anforderungen ist auch die Frequenz zu berücksichtigen, mit der einzelne Daten in der Zukunft verarbeitet und Informationen bereitgestellt werden müssen. Die Anforderungen an die Datenverarbeitung und Informationsbereitstellung in Echtzeit werden erheblich steigen.

Finbridge unterstützt Sie bei der Entwicklung Ihrer zukunftssicheren Daten- und Informationsstrategie und der entsprechenden IT-Architektur. Durch unser umfassendes Know-how in der Definition von Datenanforderungen und der Implementierung von umfassenden DWHs für die Unternehmenssteuerung bei Banken und Versicherungen können wir flexibel auf die spezifischen Bedürfnisse Ihres Unternehmens eingehen und Sie bei der Umsetzung einer zukunftsorientierten IT- und Datenlandschaft begleiten, die auch allen regulatorischen Anforderungen gerecht wird.

Haben Sie noch Fragen? Unser Expertenteam unterstützt Sie gerne bei der Planung und Umsetzung Ihrer Projekte.

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Dr. Steffen Reisch-Meissner
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