IFRS 18 – Neue Vorschriften zur Darstellung des Abschlusses

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Am 09. April hat das IASB den neuen Rechnungslegungsstandard IFRS 18 – Darstellung und Angaben im Abschluss veröffentlicht. Der neue Standard soll (EU-Endorsement vorausgesetzt) ab dem Geschäftsjahr 2027 den alten Standard IAS 1: Darstellung des Abschlusses ablösen. Die neuen Anforderungen beziehen sich im Wesentlichen auf die folgenden drei Themenbereiche:

  1. Verbesserte Vergleichbarkeit der Gewinn- und Verlustrechnung: Es werden die neuen Kategorien Betriebsergebnis (operating income), Anlageergebnis (investing income) und Finanzergebnis (financing income) definiert, anhand derer die Gewinn- und Verlustrechnung strukturiert werden soll.

  2. Verbesserte Transparenz von durch das Management definierten Performance-Kennzahlen: Unter IFRS 18 müssen unternehmensspezifische Kennzahlen erklärt werden und unterliegen der Abschlussprüfung.

  3. Verbesserte Anordnung der Informationen im Unternehmensabschluss: IFRS 18 enthält im Vergleich zu IAS 1 genauere Vorgaben, an welcher Stelle im Abschluss welche Informationen in welchem Detailgrad auszuweisen sind.

 

Das erklärte Ziel der Neuerungen ist es, den unterschiedlichen Interessenträgern durch erhöhte Transparenz und Vergleichbarkeit der IFRS-Jahresabschlüsse einen qualitativ hochwertigeren Eindruck von der ökonomischen Effizienz der berichtenden Unternehmen zu ermöglichen. Dem gegenüber stehen jedoch die Herausforderungen, mit denen sich ein Unternehmen im Angesicht der vorzunehmenden Änderungen konfrontiert sieht. Herausforderungen, die sich insbesondere aus den ersten beiden genannten Punkten ergeben, weswegen im Folgenden die zugehörigen Vorschriften hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Abschluss näher erläutert werden.

 

Neue Gliederungsvorschriften für die Gewinn- und Verlustrechnung

 

Die Etablierung einer neuen Strukturvorgabe für die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) stellt einen zentralen Inhalt von IFRS 18.47 dar. Diese einheitliche Gliederung soll sicherstellen, dass die heterogene Darstellung von GuVs reduziert und somit der Vergleich zwischen Unternehmen für die Abschlussadressaten erleichtert wird. Hierzu werden die in der GuV aufgeführten Erträge und Aufwendungen in eine von fünf Kategorien eingeteilt:

Operative Tätigkeit

Investitionstätigkeit

Finanzierungstätigkeit

Ertragssteuern

Aufgegebene Geschäftsbereiche

Die Zuordnung der Aufwände und Erträge zu den einzelnen Kategorien erfolgt in Abhängigkeit von der Hauptgeschäftstätigkeit des jeweiligen Unternehmens. So ist beispielsweise die Hauptgeschäftstätigkeit einer Bank die Bereitstellung von Finanzierungen an ihre Kunden sowie die Investition in bestimmte Vermögensgegenstände. Die Hauptgeschäftstätigkeit eines Software-Herstellers hingegen ist die Erstellung von Software und die Erbringung von damit verbundenen Dienstleistungen.

Aufwände und Erträge aus operativer Tätigkeit

In diese Kategorie sind alle Aufwände und Erträge aus der Hauptgeschäftstätigkeit des Unternehmens sowie solche, die keiner der anderen Kategorien zugeordnet werden können, zusammenzufassen.

 

Aufwände und Erträge aus Investitionstätigkeit

In der Investitionskategorie sind alle Erträge und Aufwendungen zu erfassen, die aus Investitionen in einen der folgenden Vermögenswerte resultieren:

  • Beteiligungen an assoziierten Unternehmen, Joint Ventures, und nicht vollkonsolidierten Tochtergesellschaften

  • Vermögenswerte, die unabhängig von weiteren Ressourcen des Unternehmens einen Ertrag erwirtschaften (z.B. eine vom Unternehmen gehaltene Anleihe, die regelmäßig Zinserträge generiert, ohne dass zusätzliche Leistungen erforderlich sind).

  • Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente

Ist die Investition in Vermögensgegenstände Teil der Hauptgeschäftstätigkeit des bilanzierenden Unternehmens, so sind die Aufwände und Erträge aus diesen Investitionen als Aufwände und Erträge aus operativer Tätigkeit auszuweisen. In diesem Szenario fallen nur Investitionen in assoziierte Unternehmen, Joint Ventures und Tochtergesellschaften, die nach der Equity-Methode zu bilanzieren sind, in die Investitionskategorie.

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Abbildung 1: Abgrenzung der Investitions-Kategorie von der operativen Kategorie

 

Beinhaltet die Hauptgeschäftstätigkeit des Unternehmens nicht die Investition in Vermögensgegenstände, aber die Bereitstellung von Finanzierungen, so besteht für Erträge und Aufwendungen aus Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten ein Wahlrecht, ob sie in der Investitionskategorie oder in der Betriebskategorie ausgewiesen werden.

 

Aufwände und Erträge aus Finanzierungstätigkeit

In die Finanzierungskategorie sind die Aufwendungen und Erträge aufzuführen, die:

  • aus Transkationen resultieren, die der Aufnahme von Finanzmitteln dienen (z.B. Darlehen, Anleihen oder Schuldverschreibungen) oder aus Derivaten resultieren, welche im Rahmen solcher Transaktionen abgeschlossen wurden

  • Zinsaufwände und -erträge aus bestimmten anderen Verbindlichkeiten wie Leasingverbindlichkeiten und Pensionsrückstellungen sind, oder im Zuge von Zinssatzänderungen auf solche Verbindlichkeiten entstehen

Beinhaltet die Hauptgeschäftstätigkeit des Unternehmens die Bereitstellung von Finanzmitteln für die Kunden (z.B. Banken), so sind alle Erträge und Aufwendungen, welche aus der Aufnahme von Finanzmitteln zur Bereitstellung von Finanzierungen für die Kunden entstehen, der operativen Kategorie zuzuordnen.

Für andere Aufwände und Erträge aus Transkationen zur Aufnahme von Finanzmitteln, welche aber nicht der Bereitstellung von Finanzierungen für die Kunden dienen, besteht ein Wahlrecht zur Zuordnung zu einer Kategorie (z.B. Aufnahme eines Darlehens durch eine Bank zum Bau einer neuen Firmenzentrale wird per Wahlrecht der Kategorie „Aufwände und Erträge aus Finanzierungstätigkeiten“ und nicht der operativen Kategorie zugeordnet).

Alle anderen oben aufgeführten Aufwände und Erträge sind, unabhängig vom Geschäftsmodell, in jedem Fall der Finanzierungskategorie zuzuordnen. Für Unternehmen, deren Hauptgeschäftstätigkeit in der Bereitstellung von Finanzierungen liegt, gilt zusammenfassend folgendes:

Abgrenzung der Finanzierungskategorie von der operativen Kategorie

Abbildung 2: Abgrenzung der Finanzierungskategorie von der operativen Kategorie

 

Berücksichtigungen von Hedge-Beziehungen

 

Liegt für ein Finanzinstrument eine designierte Sicherungsbeziehung im Sinne des Hedge-Accountings gemäß IFRS 9 vor, so sind die Aufwände und Erträge aus diesem Finanzinstrument stets der gleichen Kategorie zuzuordnen wie das abgesicherte Geschäft. Ausnahmen bestehen hierbei nur, wenn dies zu einer Aufrechnung von Gewinnen und Verlusten führen oder unangemessene Kosten verursachen würde. Im letztgenannten Fall sind die Erträge und Aufwände der operativen Kategorie zuzuordnen. Für Derivate ist dieses Vorgehen sogar dann verpflichtend, wenn keine formale Hedging-Beziehung besteht, aber das Derivat zur Absicherung bestimmter Risiken genutzt wird.

Abbildung 3: Zuordnung zur GuV-Kategorie in Abhängigkeit zur Sicherungsbeziehung

 

Über die Klassifizierung der Erträge und Aufwendungen in die ausgeführten Kategorien hinaus, wird die Erstellung von spezifizierten Summen und Zwischensummen als Ergebnis innerhalb der Kategorien gefordert. So muss die operative Tätigkeit schlussendlich auf den „operativen Gewinn oder Verlust“ als einzelne Größe komprimiert werden, ebenso wie der „Gewinn oder Verlust vor Finanzierung und Ertragssteuern“ zu ermitteln ist.

 

Abbildung 4: Gewinn- und Verlustrechnung - Finanzierung und Investition als Hauptgeschäftstätigkeit

Management-defined performance measures (MPMs) 

 

Die zweite wesentliche Neuerung von IFRS 18, neben den im vorherigen Kapitel diskutierten Regeln zur Aufstellung der GuV, sind neue Offenlegungsvorschriften bezüglich den so genannten Management-defined performance measures (MPMs). Ein MPM ist dabei definiert als Zwischensumme aus Erträgen und Aufwendungen, die:

1.    In der öffentlichen Kommunikation außerhalb des Abschlusses genutzt wird, z.B. im Lagebericht, in Pressemitteilungen, auf der Unternehmenswebsite oder in sozialen Netzwerken.

2.    Nicht in den IFRS-Standards spezifiziert ist.

3.    Die Sicht des Managements widerspiegelt.

 

Abbildung 5: Identifizierung von MPM's

Für alle als MPM identifizierten Kennzahlen müssen im Anhang des IFRS-Jahresabschlusses Erläuterungen zur Berechnung sowie eine Überleitung zur nächsten in IFRS 18 definierten Zwischensumme der GuV zu erfolgen. Steuereffekte und Auswirkungen von Anteilen ohne beherrschenden Einfluss (NCI) sind bei der Überleitung gesondert darzustellen. Darüber hinaus ist zu erläutern, warum die MPM, aus Sicht des Managements, nützliche Informationen über den finanziellen Erfolg des Unternehmens liefert. Sollte sich die Berechnung einer MPM im Laufe der Zeit ändern, ist zu erläutern, warum sich die Berechnungsweise ändert und wie sich die Änderung auswirkt.

Da sich die Definition von MPMs auf Zwischensummen aus Erträgen und Aufwendungen beschränkt, sind Kennzahlen, welche auf anderen finanziellen Größen basieren (z.B. Nettoverschuldung oder freier Cashflow) oder nicht-finanzielle Kennzahlen (z.B. Anzahl neuer Kunden), keine Management-defined performance measures.

Abbildung 6: Abgrenzung von MPM's zu anderen Performance-Kennzahlen

Eine von vielen Unternehmen genutzte Kennzahl ist das EBITDA (Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization). Eine vergleichbare, vom IASB definierte Kennzahl ist das OPDAI (Operating Profit before Depreciation, Amortisation and specified Impairments within the scope of IAS 36).[i] Das OPDAI kann deckungsgleich mit dem EBITDA sein und auch als solches kommuniziert werden. In diesem Fall handelt es sich nicht um eine MPM. In der Regel stimmen die beiden Kennzahlen aber nicht überein. Dann ist das EBITDA als MPM einzustufen und gemäß IFRS 18 muss eine Überleitungsrechnung aufgestellt werden. Auch wenn das OPDAI eine vom IABS anerkannte Kennzahl ist, ist es keine Zwischensumme, welche in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen werden muss.

Angenommen ein Unternehmen weist ein (adjusted) EBITDA von 103,45 Mio. € aus und hat diese Kennzahl als MPM identifiziert. Im Vergleich zum OPDAI wurden aus dem EBITDA Reststrukturierungskosten in Land X in Höhe von 10,3 Mio. € herausgerechnet. Darüber hinaus wurden im Vergleich zum OPDAI im EBITDA Umsatzanpassungen in Höhe von 12,7 Mio. € vorgenommen. Das OPDAI beträgt also 116,45 Mio. €.  Nach Abzug von Abschreibungen, Amortisationen und Impairment-Verlusten ergibt sich daraus ein operatives Ergebnis von 99,25 Mio. €. Dann könnte die Überleitungsrechnung nach IFRS 18 wie folgt aussehen:

Fazit

Durch den neuen IFRS 18-Standard stehen die Banken vor der Herausforderung, ihre GuV neu strukturieren zu müssen, um die neu geforderten Zwischensummen korrekt zu berechnen. Im ersten Schritt ist es erforderlich, die relevanten Umsätze zu identifizieren, die einer Klassifizierung bedürfen. Dabei muss insbesondere eine Entscheidung über die Nutzung diverser Wahlrechte getroffen werden. Anschließend müssen hieraus Unterscheidungsmerkmale entwickelt werden, auf deren Basis Regelwerke für die Einstufung der Umsätze erstellt werden können. Wird die Kontenfindung bereits in den Vorsystemen der Bank durchgeführt, so bietet es sich an, ebenfalls bereits an dieser Stelle im Datenhaushalt die Klassifizierung vorzunehmen und als Information an die einzelnen Datensätze zu schreiben. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, eine Unterscheidung erst im Hauptbuch vorzunehmen. Potenziell ist im Rahmen dessen eine Anpassung des Kontenplans notwendig. Die spezifische Umsetzung ist somit stark abhängig vom bestehenden Datenhaushalt der Bank und der individuellen gelebten Praxis.

Darüber hinaus muss geprüft werden, welche MPMs die Bank aktuell kommuniziert. Da es keine Beschränkungen gibt, wie und wo die Kennzahl veröffentlicht wird, ist die gesamte Kommunikation des Unternehmens auf MPM-Kandidaten zu überprüfen. Der Beweis, dass eine Kennzahl nicht der Management-Sicht entspricht, und damit keine MPM darstellt, ist mit umfangreicher Dokumentation verbunden. Für die identifizierten MPMs ist sicherzustellen, dass die für die Überleitungsrechnung benötigten Informationen, insbesondere in Bezug auf die Steuereffekte und Beteiligungen, aus den in den Systemen der Bank vorhandenen Daten ermittelt werden können.

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