EU Green Bond Standard ab dem 21. Dezember 2024: Ein neuer Maßstab für nachhaltige Investitionen

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Foto von Micheile Henderson auf Unsplash, abgerufen am 16.12.24

 
 

SUMMARY

Um im Einklang mit dem Pariser Abkommen bis 2050 klimaneutral zu werden, will die EU die Finanzmittelflüsse in eine Richtung lenken, die eine gegen Klimaänderungen widerstandsfähige Entwicklung unterstützen.  Green Bonds spielen in der Finanzierung nachhaltiger Technologien eine entscheidende Rolle.  

Für die Regulierung dieser Produkte gibt es freiwillige Richtlinien, denen sich Emittenten unterwerfen können, um die Identifizierung ökologisch nachhaltiger Anleihen für Anleger zu ermöglichen beziehungsweise zu vereinfachen.  

Eine der Regularien sind die „Green Bond Principles“, die von der International Capital Market Association im Juni 2021 veröffentlicht und im Juni 2022 erweitert wurden. Ursprünglich wurden die Prinzipien schon 2014 durch ein Konsortium mehrerer Investmentbanken aufgestellt, dann aber wurde die weitere Bearbeitung an eine unabhängige Stelle (ICMA) weitergegeben. Die ICMA Green Bond Principles sind ein weit verbreiteter Standard, der auf dem grünen Anleihemarkt international hohe Akzeptanz und Verbreitung genießt. 

Der Climate Bonds Standard der Initiative Climate Bonds (ICB), der seit 2011 existiert, ist ein weiterer Bewertungsstandard für nachhaltige Investmentwerkzeuge. Im Gegensatz zu den ICMA GBS ist dieser verbindlicher in seinen Vorgaben, allerdings weniger verbreitet. 

Das neueste Regelwerk ist der EU Green Bond Standard (EUGBS). Diese ebenfalls freiwillige Verordnung (EU) 2023/2631 ist am 20. Dezember 2023 in Kraft getreten, kann jedoch erst ab dem 21. Dezember 2024 angewendet werden. 

Der EUGBS ist deutlich strenger als die bisher verfügbaren Bewertungsrichtlinien für grüne Anleihen und soll es somit Kunden erleichtern, Greenwashing leichter zu erkennen. Emittenten, deren Bonds dem EUGBS entsprechen, können von sich behaupten, den Goldstandard der grünen Anleihen anzubieten.  

In diesem Artikel stellen wir den EU Green Bond Standard näher vor und gehen auf die Unterschiede zwischen den einzelnen Richtlinien ein. 

 

DER EU GREEN BOND STANDARD IM DETAIL

 

Anfang 2020 veröffentlichte die EU-Kommission einen Investitionsplan, der vorsieht, einen Standard für Green Bonds zu etablieren und somit die Identifikation solcher Produkte verlässlich zu ermöglichen. Auch das EU-Parlament bekräftigte Ende 2020 noch einmal die Notwendigkeit eines solchen Standards.  

Die Dringlichkeit ergibt sich daraus, dass ökologisch nachhaltige Anleihen, die von Finanz- und Nichtfinanzunternehmen und öffentlichen Emittenten ausgegeben werden können, eines der wichtigsten Werkzeuge in der Finanzierung ökologisch sinnvoller Projekte sind. Hierzu zählen ökologisch nachhaltige Technologien und Verkehrs- und Forschungsinfrastruktur sowie Energie- und Ressourceneffizienz.  

Die unterschiedlichen freiwilligen Standards (Green Bond Principles, Climate Bonds Standard etc.) die es momentan für die Bewertung von grünen Anleihen gibt, enthalten abweichende Anforderungen bspw. über die Offenlegung von Informationen, die Transparenz und Rechenschaftspflicht externer Prüfer sowie über die Kriterien für die Einstufung von Projekten als ökologisch nachhaltig. Darüber hinaus sind die bisherigen Vorgaben weniger streng und bieten keine klare Verbindung zu einem umfassenden regulatorischen System wie der EU-Taxonomie. Dies führt nicht nur international, sondern auch zwischen einzelnen Staaten in der EU zu unterschiedlichen Marktpraktiken, welche den Binnenmarkt beeinträchtigen. Die Emission grüner Anleihen kann für einzelne Emittenten grüner Anleihen zum Nachteil werden, wenn sie ihre Anleihen strengeren Richtlinien unterwerfen als Mitwettbewerber.  

Des Weiteren wird das Vertrauen der Anleger sowie die Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Produkten behindert. Die neue EU-Verordnung harmonisiert die unterschiedlichen Standards und Praktiken innerhalb der EU und trägt zur Umsetzung des Sustainable Finance Action Plans der Europäischen Union bei. Sie orientiert sich an der EU-Taxonomie sowie an der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD).  

Das Ziel des neuen Standards ist die Bekämpfung von Greenwashing und die Minimierung von Wettbewerbsverzerrungen, die aufgrund unterschiedlicher Bewertungsgrundlagen grüner Anleihen entstehen. 

 

Erlösverwendung- und Nachweispflichten des EUGBS 

 

Die Erlöse aus den Emissionen müssen zu mindestens 85 Prozent in Investitionen fließen, die den Umweltzielen der EU-Taxonomie entsprechen. Dies gibt den Unternehmen eine gewisse Flexibilität an die Hand, die restlichen 15 Prozent in Projekte oder Unternehmen zu investieren, welche Wirtschaftsaktivitäten fördern bzw. nutzen, für die noch keine technischen Bewertungskriterien vorliegen, die aber dem „Do no significant harm”(DNSH)-Prinzip entsprechen oder die international gefördert werden (z.B. Agraraktivitäten). Auch andere grüne Projekte dürfen unterstützt werden, allerdings sollten diese der Erfüllung der Taxonomie-Kriterien so nah wie möglich sein. 

Erlöse aus dem EUGBS sollten in voller Höhe vor Fälligkeit der Anleihe verwendet werden, Emissionskosten in direktem Zusammenhang mit der Anleihe sind davon abziehbar. Ökologisch nachhaltige Tätigkeiten gemäß Taxonomie sollen sowohl direkt als auch indirekt (über finanzielle Vermögenswerte) finanziert werden können.   

Möglich ist hierbei die Finanzierung von  

  • Materiellen oder immateriellen Anlagegütern  

  • Finanziellen Vermögenswerten deren Erlöse für Tätigkeiten gemäß der Taxonomie verwendet werden. Hierbei soll sichergestellt werden, dass externe Prüfer die endgültige Verwendung der Erlöse nachvollziehen können.  

  • Vermögenswerten und Ausgaben privater Haushalte  

  • Investitions- und Betriebsausgaben (bereits in Einklang mit der Taxonomie oder in einem vertretbar kurzen Zeitraum in Einklang, dokumentiert im CapEx-Plan).  

 

Portfolio-Ansatz

Neben der Einzelmittelverwendung eines EUGB können Unternehmen auch auf den Portfolio-Ansatz zurückgreifen. Hierbei kann für ein Portfolio aus Vermögenswerten (die auch ökologisch nachhaltig gemäß Verordnung (EU) 2020/852 sein müssen) das Portfolio grüner Anleihen angegeben werden, aus dessen Erlösen sie finanziert wurden.  Im Allokationsbericht muss nachgewiesen werden, dass dieses Portfolio einen höheren Wert als den Gesamtwert der ausstehenden EUGB hat. Dies vereinfacht den Verwendungsnachweis für Unternehmen, die keine detaillierte Zuordnung ihrer Vermögenswerte zu den Erlösen ihrer emittierten grünen Anleihen erbringen können. 

Reportingpflichten 

Der EUGBS verlangt von Unternehmen eine detaillierte Berichterstattung über die Verwendung der Erlöse und die damit erzielten ökologischen Ergebnisse. Und zwar kontinuierlich, einmal jährlich während der Laufzeit der Anleihe in Form des Allokationsberichtes, als auch einmalig in Form des Wirkungsberichtes.  

Allokationsbericht 

Dieser Bericht ist für jedes Projekt bzw. auf Portfolioebene bis zur vollständigen Verwendung des Emissionserlöses alle 12 Monate zu erstellen. Ziel ist der Nachweis der taxonomiekonformen Mittelverwendung.  

Wirkungsbericht 

Nach der Investition aller Nettoerlöse eines EUGB ist einmalig ein Wirkungsbericht zu erstellen. Dieser Report soll darstellen, wie sich die erlösten und dann investierten Mittel bzw. finanzierten Projekte auf die Taxonomie-Umweltziele ausgewirkt haben. 

Beide Reports, insbesondere aber der Allokationsbericht ermöglichen es Investoren, ihr Investment dahingehend zu überprüfen, ob der konkrete EU Green Bond weiterhin im Einklang mit den eigenen, eventuell noch strenger formulierten Sustainable Finance Frameworks übereinstimmt oder ob sich daraus Handlungsbedarf ergibt. 

 

Sechs Kernpunkte des EU Green Bond Standard  

 
 

Der EU Green Bond Standard enthält sechs Kernthemen, auf die wir im Folgenden näher eingehen: 

  1. Freiwilligkeit 

    Die Wahl der Anwendung des EU Green Bond Standards auf eine Anleihe erfolgt freiwillig. Wird die Anleihe als EU Green Bond ausgegeben, müssen die Vorgaben des Standards eingehalten werden. 

  2. Ausrichtung an der EU-Taxonomie 

    Der EU Green Bond Standard basiert auf der EU-Taxonomie. Diese Verbindung stellt sicher, dass Unternehmen die Erlöse ihrer Green Bonds in Projekte investieren, die mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens und den EU-Nachhaltigkeitszielen übereinstimmen, welche durch die konformen Wirtschaftsaktivitäten der EU-Taxonomie abgebildet werden.  

    Mit Erlösen aus EUGB finanzierte Wirtschaftstätigkeiten sollen „dauerhafte positive Umweltauswirkungen“ haben. Für noch nicht in der Verordnung (EU) 2020/852 bewertete Wirtschaftstätigkeiten soll gelten, dass sie wesentlich zu einem oder mehrerer der oben erwähnten Umweltziele beitragen und keines der Ziele erheblich beeinträchtigen. Dies entspricht dem DNSH-Prinzip. Diesbezügliche Informationen sollen in das Informationsblatt zu EUGB aufgenommen und von einem externen Prüfer vor Emission validiert werden. 

  3. Internationalität (EU und Drittstaaten) 

    Sowohl Unternehmen als auch Staaten innerhalb und außerhalb der europäischen Union können ihre Anleihen als EU Green Bonds vermarkten, wenn diese den Anforderungen des EUGBS genügen. 

  4. Unterstützung der Emittenten bei der Transition 

    Der Anleiheerlös darf nicht nur für momentan der EU-Taxonomie entsprechenden Wirtschaftstätigkeiten eingesetzt werden, sondern auch zur Transformation von Tätigkeiten beitragen, sodass diese die erforderlichen Kriterien erfüllen, um als ökologisch nachhaltige Tätigkeiten zu gelten. Der Zeitraum, in dem diese Transformation stattfinden darf, wird durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/2178 vorgegeben. Wirtschaftstätigkeiten sollen die Taxonomie-Anforderungen aller Wahrscheinlichkeit nach innerhalb von fünf Jahren nach Emission der Anleihe erfüllen, in begründeten Ausnahmefällen auch in bis zu 10 Jahren. Der Anleiheemittent muss in seinem erstellten Prospekt zur Anleihe eine Zusammenfassung seines CapEx-Plans (CapEx steht für Capital Expenditures, was langfristige Investitionsausgaben in Wirtschaftsgüter beschreibt) aufnehmen sowie in seinen jährlichen Allokationsberichten über die Fortschritte in der Umsetzung des Plans berichten. Im CapEx-Plan muss ebenfalls ein Enddatum für die Transformation angegeben sein, nach dessen Ablauf die Taxonomiekonformität der Erlösverwendung durch einen externen Prüfer beurteilt werden soll. 

  5. Bestandsschutz bei Änderungen der Taxonomie 

    Da die Definition von ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten gemäß Verordnung (EU) 2020/852 sich in der Zukunft verändern wird, soll den Anleiheemittenten eine gewisse Rechtssicherheit zugestanden werden. Dementsprechend gilt für die Erlösverwendung bereits emittierter grüner Anleihen, dass die Mittelverwendung den zum Zeitpunkt der Emission geltenden Bewertungskriterien unterliegt.   

    Allerdings sollten 7 Jahre nach einer Anpassung der Bewertungskriterien, die noch nicht verwendeten oder unter einen CapEx-Plan fallenden Erlöse einer bereits bestehenden Anleihe gemäß den angepassten technisch anwendbaren Bewertungskriterien verwendet werden.  

  6. Externe Überprüfung 

    Um die Nachhaltigkeit, also die Erfüllung technischer Bewertungskriterien, nachzuweisen, muss durch die Unternehmen jährlich ein Allokationsbericht erstellt werden. Der Wert der Vermögenswerte sollte mindestens den Wert der noch nicht fälligen grünen Anleihen decken bzw. übersteigen.  

    Die Allokationsberichte müssen, außer die Erlösverwendung bleibt unverändert, jedes Jahr durch einen externen Prüfer validiert werden.  

 

Unterschiede zwischen den Bewertungsstandards  

 

Zwischen den bereits bestehenden Green Bond Principles der ICMA, dem Climate Bond Standard und dem neuen EU GBS ergeben sich einige grundlegende Unterschiede. Diese beziehen sich auf  

  • Die Verwendung der Erlöse  

Für den EU GBS müssen diese zu mindestens 85 Prozent EU-taxonomiekonform investiert werden. Der Climate Bond Standard hat eine eigene zugrundeliegende Taxonomie, die sich an den Zielen des Pariser Klimaabkommens orientiert. Die GBP der ICMA basieren nicht auf einer Taxonomie, sondern lediglich auf relativ weit definierten Umweltkategorien.  

  • Anleiheprospekt 

Nur Anleihen, für die vor der Emission ein Prospekt nach der EU-Prospektverordnung ((EU) 2017/1129) erstellt wurde, können sich als EU Green Bond qualifizieren (mit Ausnahme bestimmter staatlicher Anleihen). 

  • Externe Prüfung 

Eine Second Party Opinion ist im Climate Bond Standard ebenfalls Pflicht, für die ICMA GBP lediglich empfohlen. Der EU GBS schreibt die Zweitmeinung eines externen Prüfers vor, ist dabei aber noch strenger als der CBS, denn die Prüfer müssen durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde zugelassen sein und werden durch sie beaufsichtigt (gem. Verordnung (EU) 2023/2631). 

  • Offenlegungspflichten 

Im EU GBS gibt es Standardvorlagen für die Allokations- und Wirkungsberichte und für die vor der Emission zu veröffentlichenden EU GBS Datenblätter. Auch der Climate Bond Standard schreibt zu veröffentlichende Berichte vor und nach Emission der Anliehe vor, der ICMA GBS gibt hierzu nur eine Empfehlung ab. 

 

FAZIT 

 

Verbesserte Transparenz und Rechenschaftspflicht:  

  • Die regelmäßigen Berichtspflichten stärken die Transparenz und damit nicht nur das Vertrauen der Investoren, sondern helfen auch dem Emittenten, die Wirksamkeit seiner Nachhaltigkeitsinitiativen zu messen und mögliche Anpassungen vorzunehmen. Eine klare, regelmäßige Berichterstattung zeigt den fortlaufenden Fortschritt und stellt sicher, dass die festgelegten Nachhaltigkeitsziele erreicht werden.  

Strukturierte und kohärente Investitionsplanung:  

  • Der Standard bietet Emittenten von wie auch Investoren in Green Bonds eine klare Struktur für die Verwendung von Mitteln, was zu einer besseren Planung und Umsetzung von grünen Investitionsprojekten führt. Durch die verbindlichen Anforderungen an die Zielsetzung und Berichterstattung wird der Prozess der Mittelverwendung auf transparente und messbare Weise organisiert.  

  • Dies hilft Unternehmen, ihre Investitionen gezielt in Bereichen zu tätigen, die mit ihren Nachhaltigkeitsstrategien und langfristigen Klimazielen übereinstimmen. Der Standard führt zu einer besseren Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in den gesamten Investitionsprozess.  

Erfüllung von regulatorischen Anforderungen:  

  • Der EU-GBS ist stark an die EU-Taxonomie und die EU-Nachhaltigkeitsstrategie gebunden, was bedeutet, dass Unternehmen, die diesen Standard einhalten, sich gleichzeitig an den regulativen Anforderungen der EU orientieren. Dies hilft Unternehmen, sicherzustellen, dass ihre Investitionen in Einklang mit den europäischen Klimazielen und Umweltvorgaben stehen.  

  • Die Einhaltung des Standards kann Unternehmen auch dabei unterstützen, gesetzliche und regulatorische Anforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit zu erfüllen, was langfristig rechtliche Risiken minimiert und Compliance-Kosten reduziert.  

 

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Finbridge unterstützt Sie mit fundierter Expertise bei der Analyse und Aufbereitung der Daten, die für die Erstellung von Allokations- und Wirkungsberichten im Kontext von EU Green Bonds unerlässlich sind. Dank unserer langjährigen Erfahrung im bankenspezifischen Umfeld und unserer tiefgehenden Kenntnisse der komplexen Datenlieferstrecken sind wir der ideale Partner, um Ihre Berichtspflichten effizient und präzise umzusetzen.

Quellen


 

Ansprechpartner

 

Susanne Neitz

Expert

Solutions

susanne.neitz at finbridge.de

LinkedIn

Alexander Hain

Associate Manager

Solutions

alexander.hain at finbridge.de

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