Zwischenstand zum MiFIR-Review (MiFID 3.0)

Foto von Tim Swaan auf Unsplash, Download-Datum: 09.05.2023

 

1. Ziele und Inhalte des MiFIR-Reviews (MiFID 3.0)

Aktuell wird intensiv an einem umfangreichen MiFIR-Review gearbeitet, auch bekannt als MiFID 3.0. Das Review wurde bereits im Jahr 2020 gestartet und soll im Jahr 2024 abgeschlossen werden. Eines der Hauptziele dieser Anpassungen ist, die Transparenz der Kapitalmärkte zu verbessern, zu vereinfachen und weiter zu harmonisieren, indem die Verfügbarkeit von Marktdaten gestärkt wird. Eine weitere Zielsetzung ist die Einführung bzw. Erweiterung eines übergreifenden konsolidierten Datenträgers (CTP) (vgl. [5]), welches die Marktstruktur und die Wettbewerbsgleichheit zwischen Handelsplätzen verbessert. Zusätzlich sollen die gemeldeten Finanzdaten an die ESMA besser harmonisiert werden. Diese Harmonisierung bezieht sich aber nicht nur auf das MiFID/MiFIR-Umfeld (Meldungen: MiFIR26, NHT & VHT), sondern berücksichtigt auch die anderen Transaktionsbasierten Meldungen (TR-Reportings) wie zum Beispiel EMIR (u. a. Clearing) sowie SFTR (u. a. XML-Format). Operativ wird das Review von der Europäischen Kommission, dem Rat der EU und dem Europäischen Parlament in enger Abstimmung mit der ESMA durchgeführt und die Änderungen werden durch den gewöhnlichen Gesetzgebungsprozess (Lamfalussy-Prozess) verabschiedet und somit rechtsverbindlich, vgl. Abbildung 1.

Abbildung 1: Lamfalussy-Prozess mit den beteiligten Akteuren (Quelle: eigene Darstellung)

2. Status des Vorhabens und Zeitliche Entwicklung

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt werden mehrere Dokumente im Rahmen des Reviews überprüft und dafür Verbesserungsvorschläge erstellt. Zu diesen Dokumenten gehören die Level-1-Richtlinie MiFID II, die Level-1-Verordnung MiFIR sowie die Level-2 Dokumente-RTS 1 und RTS 2 (Transparenz von Eigenkapital- bzw. Nicht-Eigenkapitalinstrumenten). Auch das „Guidance Manual“ sowie das Q&A sind Teil der Überarbeitungen. Die Anpassungen werden zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft treten und von den Stakeholdern (Wertpapierfirmen, Handelsplätze, APA, SI) zu unterschiedlichen Zeitpunkten angewendet werden müssen. Weitere Reviews und Überarbeitungen von Level-2- und -3-Dokumenten sind für die Jahre 2023 und 2024 geplant. Hierzu gehören beispielsweise der RTS 22 (vgl. [15]), welcher sich mit der Meldung der Geschäfte an die zuständigen Behörden (MiFIR 26-Meldung) beschäftigt. Die folgende Abbildung stellt den aktuellen Umfang des Reviews noch mal grafisch dar.

Abbildung 2: Betroffene Dokumente des Reviews (Quelle: eigene Darstellung)

Wie bereits erwähnt, treten die Änderungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft und besitzen einen unterschiedlichen Fertigstellungsgrad. Um diesen Sachverhalt übersichtlich darzustellen, haben wir eine Grafik erstellt, die alle relevanten Termine auf einer Zeitachse abbildet. Die inhaltlichen Änderungen bezüglich MiFIR und MiFID sind im Kapitel 4 zusammengefasst, während die Änderungen zu RTS 1 und RTS 2 im Kapitel 3 zu finden sind.

Abbildung 3: Roadmap MiFIR-Review (Zeitachse) (Quelle: eigene Darstellung)

Die Level 1 Dokumente MiFID & MiFIR (blaue Farbe in der Grafik) werden gemeinsam betrachtet. Zum jetzigen Zeitpunkt hat die EU-Kommission bereits einen Vorschlag für beide Dokumente (vom 25.11.2021) vorgelegt. Der EU-Rat hat zum MiFIR-Teil bereits Stellung bezogen (vom 16.12.2022) und das EU-Parlament hat einen Vorschlag für MiFIR und MiFID im ersten Quartal des Jahres 2023 erarbeitet. Der nächste wichtige Schritt der EU-Stakeholder (Kommission, Rat & Parlament) besteht darin, aus diesen Vorschlägen eine konsolidierte Version zu erstellen. Dies wird voraussichtlich im dritten oder vierten Quartal 2023 erfolgen und ist richtungsweisend. Aus diesem Entwurf wird dann eine endgültige Version erstellt, die veröffentlicht wird und dann als bindendes Gesetz gilt. Die Veröffentlichung im Amtsblatt ist für das Jahr 2024 geplant. Natürlich handelt es sich dabei um eine Schätzung, die unter Berücksichtigung anderer Vorhaben aber realistisch ist.

Die RTS 1 und RTS 2 (rote Farbe in der Grafik) werden einer grundlegenden Überarbeitung unterzogen, die in zwei Teilen durchgeführt wird. Teil I wird wiederum in zwei Phasen unterteilt. Im ersten Teil werden unumstrittene Punkte behandelt, die von den noch zu konsolidierenden Änderungen in den Level 1 Dokumenten MiFIR & MiFID unabhängig sind. Die Maßnahmen sollen schnell helfen, harmonischere Daten zu erhalten und die Transparenz auf den Handelsmärkten zu erhöhen. Die Entscheidung, Teil I in zwei Phasen aufzuteilen, beruht darauf, dass für Phase 1 nur die Schnittstellen der APAs angepasst werden müssen und nicht die IT-Schnittstellen und Prozesse der Banken. Um die Anpassungen der Schnittstellen und Prozesse bei Banken umzusetzen, sind umfangreichere Testphasen erforderlich. Daher haben die Banken mehr Zeit zur Verfügung und die Frist für die Umsetzung dieser Anpassungen ist der 01.01.2024.

Der Teil I des RTS 1 & RTS 2 wurde bereits am 18.01.2023 verabschiedet. Sollte kein Widerspruch eingelegt werden, wird ihre Veröffentlichung im Amtsblatt im Mai 2023 erfolgen. Das Inkrafttreten erfolgt, wie oben beschrieben, in zwei Phasen: Mai 2023 und am 01.01.2024.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird erwartet, dass der Teil II des RTS 1 & RTS 2 sowie RTS 28 (graue Farbe in der Grafik) nach dem finalen Agreement von MiFIR/MiFIR fertiggestellt wird. Die Abstimmungen der Änderungen und das Verabschieden werden für das Jahr 2024 erwartet.

3. Details zu den Anpassungen von RTS 1 & RTS 2

Die Änderungen von Teil I zu RTS 1 und RTS 2 werden, wie in Kapitel 2 dargelegt, in zwei Phasen umgesetzt. Diese Aufteilung wird auch in diesem Kapitel verwendet, sodass vier Unterabschnitte entstehen, welche jeweils die Änderungen und Auswirkungen beschreiben:

  1. Änderungen des RTS 1 für die Phase I (siehe Kapitel 3.1)

  2. Änderungen des RTS 2 für die Phase I (siehe Kapitel 3.2)

  3. Änderungen des RTS 1 für die Phase II (siehe Kapitel 3.3)

  4. Änderungen des RTS 2 für die Phase II (siehe Kapitel 3.4)

3.1 Änderungen des RTS 1 für die Phase I

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Änderungen des RTS 1 in der Phase I des Teils I nur den APA (also z. B.: „MarketAxess“) betrifft. Der APA muss ETFs früher veröffentlichen, den relevanten wichtigsten Markt (unter Liquiditätsaspekten) ermitteln, Währungsumrechnungen vornehmen und einen neuen aggregierten Report berechnen (aus allen Daten-Zulieferungen) sowie an die zuständigen Behörden versenden. Zusätzlich werden diverse Definitionen
(u. a.: „Give-in/up“) gestrichen.

Tabelle 1: Änderungen des RTS 1 für die Phase I (Quelle: eigene Darstellung)

3.2 Änderungen des RTS 2 für die Phase I

Auch die Änderungen im RTS 2 für Teil I Phase I müssen fast ausschließlich vom APA umgesetzt werden. Hierzu gehören die Ermittlung des – aus Liquiditätssicht – relevante Börse / Markt und die Übertragung von neuen Daten (neuer Anhang V: „Zu Zwecken der Transparenzberechnungen vorzulegende quantitative Daten“) an das „Financial Instruments Transparency System“ (FITRS). Kreditinstitute müssen ihre Schnittstellen ggfs. anpassen, wenn sie ein Auftragsverwaltungssystem verwenden und hier den „falschen“ Nominalwert gemeldet haben. Der „korrekte“ Nominalwert wird jetzt in Abhängigkeit des Produkts von der Aufsicht (Geänderter Artikel 4 des RTS 2) vorgegeben:

  1. für Anleihen (ausgenommen ETC und ETN) mit dem Nennwert, d. h. dem Betrag, der bei Rückzahlung an den Anleger zurückgezahlt wird

  2. für ETC, ETN und verbriefte Derivate mit der Anzahl der zwischen Käufern und Verkäufern gehandelten Instrumente multipliziert mit dem Preis des für das betreffende Geschäft gehandelten Instruments. Entsprechend mit dem Feld „Preis“ multipliziert mit dem Feld „Menge“

  3. für strukturierte Finanzprodukte (SFP) mit dem Nennwert je Einheit multipliziert mit der Anzahl der Instrumente zum Zeitpunkt des Geschäfts

  4. für Credit Default Swaps mit dem Nennbetrag, für den der Schutz erworben oder veräußert wird

  5. für Optionen, Swaps (die nicht unter Ziffer (5) fallen), Futures und Forwards mit dem Nennbetrag des Vertrags

  6. für Emissionszertifikate mit dem Betrag, der sich aus der Menge zum vertraglich festgelegten Preis zum Zeitpunkt des Geschäfts ergibt. Entsprechend mit dem Feld „Preis“ multipliziert mit dem Feld „Menge“

  7. für Spread Bets mit dem Geldwert nach Punktbewegung des zugrunde liegenden Finanzinstruments zum Zeitpunkt des Geschäfts

  8. für Differenzgeschäfte mit der Anzahl der zwischen Käufern und Verkäufern gehandelten Instrumente multipliziert mit dem Preis des für das betreffende Geschäft gehandelten Instruments. Entsprechend mit dem Feld „Preis“ multipliziert mit dem Feld „Menge“

Tabelle 2: Änderungen des RTS 2 für die Phase I (Quelle: eigene Darstellung)

3.3 Änderungen des RTS 1 für die Phase II

Als wesentliche Änderung für RTS 1 Phase II Teil I kann festgehalten werden, dass für die Ermittlung von nicht relevanten Geschäften die Inhalte des RTS 22 (Artikel MiFIR 26) verwendet werden und nicht separaten Listen in den verschiedenen Artikeln. Diese nicht relevanten Geschäfte werden benötigt für:

  • (Aktien-)Geschäfte, die nicht zur Kursfestsetzung beitragen

  • Ausgehandelte Geschäfte auf die anderen Bedingungen als der jeweils geltende Marktkurs anwendbar sind

Zusätzlich wurden im Anhang I (wird verwendet für NHT-Meldung) an drei Feldern und drei Flags Änderungen vorgenommen (siehe Tabelle 3) sowie der Begriff Hybride System eingeführt. Hybride Systeme ergänzen die aktuell bestehende Liste: Orderbuch-Handelssystem basierend auf einer fortlaufenden Auktion, quotierungsgetriebenes Handelssystem, Handelssystem basierend auf periodischen Auktionen, Preisanfrage-Handelssystem.

Tabelle 3: Änderungen des RTS 1 für die Phase II (Quelle: eigene Darstellung)

3.4 Änderungen des RTS 2 für die Phase II

Auch RTS 2 Teil I Phase II nimmt Änderungen an den Meldefeldern für NHT vor. Insgesamt werden in fünf Bereichen an sieben Feldern Anpassungen vorgenommen (siehe folgende Tabelle). Ebenso wird hier der Begriff des hybriden Systems in das ganzheitliche System integriert. Die Definition von (außerbörslichen) Geschäften, die nicht zur Kursfestsetzung beitragen, wurden ebenfalls überarbeitet und mit RTS 22 harmonisiert.

Tabelle 4: Änderungen des RTS 2 für die Phase II (Quelle: eigene Darstellung)

3.5 Betroffene Artikel des RTS 1 & 2

Im Rahmen des Reviews wurden zahlreiche Artikel von RTS 1 und RTS 2 verändert. Die folgenden Abbildungen geben eine vereinfachte Übersicht über diese Änderungen. Die fett markierten Punkte stellen die geänderten Artikel dar, während die normal dargestellten Artikel unverändert geblieben sind. Unser Team hat auch für die „RTS 1 & 2 – Anhangs“ Tabellen ein analoges Verfahren angewendet. Aus Platzgründen ist es in diesem Artikel nicht aufgelistet.

Abbildung 4: Durch das RTS 1 & 2 (Teil I) -Review veränderter Artikel von RTS 1 (Quelle: eigene Darstellung)

Abbildung 5: Durch das RTS 1 & 2 (Teil I) -Review veränderter Artikel von RTS 2 (Quelle: eigene Darstellung)

4. Details zu den Anpassungen von MiFID & MiFIR

Die geplanten Änderungen bezüglich der Level 1 Dokumente MiFID und MiFIR sind derzeit weniger fortgeschritten als die RTS 1 & 2 Änderungen (vgl. Kapitel 3). Eine positive Entwicklung ist jedoch, dass alle beteiligten EU-Parteien bereits eine Überprüfung der aktuellen Gesetzestexte durchgeführt und Vorschläge erstellt haben. Aktuell laufen noch die Abstimmungen und daher gibt es keine konsolidierte Version. In der folgenden Tabelle werden die Themen und Artikel, die geändert werden sollen, benannt und im Anschluss die unterschiedlichen Meinungen (vgl. [17]) dazu erläutert. Sobald eine gemeinsame Fassung verfügbar ist, werden wir einen neuen Stand bereitstellen. Interessierte Leser können sich gerne auch den Artikel „Moving up into third gear: EU MiFID Review is ready to enter „trilogues“ von Linklaters lesen. Hierbei wird zudem auf die Entwicklung in Großbritannien und ein Vergleich mit den EU-Meinungen vorgenommen.

Tabelle 5: Betroffene Themen des MiFIR / MiFID-Reviews (Aktueller Stand) (Quelle: eigene Darstellung)

Derzeit bestehen sowohl Gemeinsamkeiten als auch erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Gesetzgebungsorganen der Europäischen Union bezüglich der Anpassung dieser Punkte. Im Folgenden werden die Standpunkte der Beschlussfassungsorgane erläutert.

Zu 1: Hinsichtlich der Eigenkapitaltransparenz schlägt die Europäische Kommission vor, dass die bisherige doppelte Volumenobergrenze (DVC) zu einer einzigen Volumenobergrenze (SVC) für Ausnahmen vereinfacht wird. Dabei würde gelten, dass der Handel mit einem Finanzinstrument im Rahmen der Ausnahme vom Referenzkurs oder der in Art. 4(1) benannten Ausnahme von ausgehandelten Geschäften 7 % des Handelsvolumens in der EU nicht übersteigen darf (bisherige Obergrenze von 4 % auf Handelsplatzebene und EU-weite Obergrenze von 8 %). Der Rat unterstützt dies grundsätzlich, sieht jedoch einen höheren Schwellenwert von 10 % zur Anwendung der Referenzpreisausnahme, nicht aber der „Negotiated Trade Waiver“, vor. Das Parlament stimmt dem Vorschlag von 7% für den SVC zu, möchte jedoch die ESMA beauftragen, diesen Wert gegebenenfalls anzupassen.

Zu 2: Hier rät die Europäische Kommission dazu, die „Size Specific to the Instrument“ (SSTI)-Ausnahme der VHT nach Art. 9(1)(b) und den SSTI-Aufschub der NHT gemäß Art. 11(1)(c) zu löschen. Für Nichteigenkapitalinstrumente sieht der Vorschlag zudem vor, die gewährten Veröffentlichungsfristen für Nach-handelsberichte zu verkürzen. Der Europäische Rat billigte die Streichung der „Large-in-Scale“ (LIS)- und SSTI-Schwellenwerte. Für Anleihen, strukturierte Finanzprodukte und Emissionszertifikate nennt der Rat fünf Kategorien, die von der Liquidität des Finanzinstruments und dem Handelsvolumen abhängen. An diesen Kategorien orientieren sich dann unterschiedliche Veröffentlichungsfristen. Nach dem Vorschlag des Rates würden die Transparenzanforderungen nur für ein begrenzteres Spektrum von Derivaten gelten, als dies derzeit beim ToTV-Konzept der Fall ist (siehe auch „Zu 8:“). Das EU-Parlament teilt den Ansatz mit den fünf Kategorien für Nichteigenkapitalinstrumente mit unterschiedlichen Veröffent-lichungsfristen. Die „Aufschubkategorien“ sollen von der ESMA regelmäßig geprüft werden, um sie – wenn möglich und sinnvoll – schrittweise zu verringern. Im Gegensatz zum Rat sieht das Parlament keine flexiblere Regelung für Derivate vor.

Zu 3: Die EU-Kommission hat hinsichtlich eines Consolidated Tape Providers (CTP) den Vorschlag ausgearbeitet, dass für jede Oberanlageklasse (Aktien, ETFs, Anleihen und Derivate) ein eigener CTP existieren und dass die Datenübermittlung verpflichtend sein sollte. Für Derivate kann zudem eine feinere Unterteilung angedacht werden. Die Kommission sieht vor, zunächst mit dem CTP für Aktien zu beginnen, welcher sich vorerst auf Nachhandelsdaten beschränkt. Zudem sollen Datenbereitsteller an den Umsätzen beteiligt werden. Der EU-Rat erweitert den Vorschlag um die Sonderregelung, dass kleinere geregelte Märkte / MTFs von der Datenübertragungspflicht ausgeschlossen werden sollen und handhabt die Beteiligung an den Umsätzen ein wenig differenzierter. Der Rat würde folgenden Zeitplan bevorzugen: zunächst wird der CTP für Anleihen installiert, gefolgt von einem CTP für Aktien/ETFs nach sechs Monaten und abschließend für Derivate (noch kein Starttermin genannt). Diesen Plan unterstützt auch das Europäische Parlament, welches zudem den Ausnahmeregelungen für kleine regulierte Märkte hinsichtlich der Datenbereitstellungspflicht zustimmt. Neben den Nachhandels-daten soll sowohl im Vorschlag des Rats als auch des Parlaments der CTPs für Aktien/ETFs auch Vorhandelsdaten (z.B. „best bid and offer“ Daten) erfassen.

Zu 4: Grundsätzlich schlägt die Kommission ein Verbot des „Payments for order flow“ (PFOF) vor. Der Rat geht hier einen etwas gemäßigteren Weg und schlägt vor, das PFOF-Verbot mit der Nebenbedingung einzuführen, dass Mitgliedsstaaten in ihrem Zuständigkeitsbereich PFOF unter selbstdefinierten Bedingungen zu-lassen können. Das EU-Parlament positioniert sich auch grundsätzlich für ein PFOF-Verbot. Jedoch möchte es die Entgegennahme von Gebühren für das Weiterleiten von Kunden ermöglichen, wenn es im betrachteten Markt bisher möglich ist.

Zu 5: Hinsichtlich der „Best Execution“ Meldeverpflichtungen der RTS 27 und 28 sind sich Kommission und Rat grundsätzlich einig. Sie schlagen vor RTS 27 zu löschen und RTS 28 in seiner jetzigen Fassung beizubehalten. Das EU-Parlament möchte auch die RTS 28 streichen und schlägt zudem vor, dass Firmen, die Kundenaufträge ausführen, ihre Kunden im Anschluss über den relevanten Handelsplatz informieren sollen. Ferner möchte das Parlament die ESMA mit der Erstellung von neuen RTS zur Regelung der “Order Execution Policy” betrauen.

Zu 6: Die Europäische Kommission bestärkt in ihrem Vorschlag die Verpflichtung der Abgabe von Vorhandelsdaten in Bezug auf Eigenkapitalinstrumente für Syste-matische Internalisierer. Dies schafft sie durch die Anhebung des Mindestvolumens auf das doppelte Standardmarktvolumen, ab der ein SI keine Vorhandels-kursofferten abgeben muss. Zudem sieht die Kommission vor, die Untergrenze für das Midpoint-Matching an die SVC (siehe „Zu 1“) anzupassen. Eine Anpassung der SI-Zählung sieht die Kommission im Gegensatz zum EU-Rat nicht vor, dieser möchte nämlich einen qualitativen Ansatz einbauen und die Vorhandels-berichtspflichten für SIs von Nichteigenkapitalinstrumente gänzlich abschaffen. Zudem können SIs volumensunabhängig den aktuellen Geld- und Briefkurs mitteln, also Midpoint-Matching betreiben. Das Parlament lässt dagegen viele Grenzwerte offen und beauftragt die ESMA damit, geeignete Schwellenwerte zu definieren, beispielsweise für das Mindestvolumen für die Veröffentlichungspflicht von Vorhandelsdaten für SIs oder die Untergrenze für das Midpoint-Matching.

Zu 7: Hinsichtlich Commodities hat lediglich das Europäische Parlament einen Vorschlag gemacht und die Überprüfung mehrerer Lockerungsmöglichkeiten im Rohstoffhandel gefordert. Zudem wird die Einführung einer Mindesthaltefrist für bestimmte Derivate (z.B. Emissionszertifikate) ins Spiel gebracht. Das Parlament schlägt außerdem neue zweiwöchige Meldepflichten für Handelsplätze vor, an denen Warenderivate gehandelt werden.

Zu 8: Der EU-Rat empfiehlt, den Umfang der Derivate, die den Vor- und Nachhandelstransparenzanforderungen unterliegen (Art 8, 8a, 21 MiFIR) vom ToTV-Konzept (vgl. [15]) abzukoppeln. Stattdessen würden nur börsengehandelte Derivate und eine begrenzte Anzahl von (liquiden) OTC-Derivaten, die die nachfolgenden Bedingungen erfüllen, betroffen sein. Dabei müssen OTC-Derivate (i) auf eine der G4-Währungen lauten, (ii) der EMIR-Clearingpflicht unterliegen und tatsächlich gecleart werden und (iii) im Falle von Zinsderivaten ganzjährige Benchmark-Laufzeiten haben.

Zu 9: Hier schlägt die EU-Kommission im Zuge der Angleichung mit EMIR Refit vor, dass kleinere „Financial Counterparties“ von der Derivatehandelspflicht ausgeschlossen werden. Es werden auch zwei Optionen für die vorübergehende Aussetzung der Derivatehandelspflicht vorgeschlagen: Eine Möglichkeit besteht darin, die Pflicht auszusetzen, wenn die Clearingpflicht vorübergehend ausgesetzt wurde. Die andere Möglichkeit besteht darin, dass ein Mitgliedsstaat die Derivatehandelspflicht für bestimmte Investmentfirmen aussetzt oder diese Initiative ergreift. Letzteres kann genutzt werden, um das Problem der überlappenden Handelspflicht zu beseitigen. Auch der EU-Rat präferiert eine Anpassung an die EMIR-Clearingpflicht. Hinsichtlich der Aufhebung der Derivatehandelspflicht erweitert der Rat sogar die Möglichkeiten, indem er individuell gestattete Aussetzungen einzelner Firmen auf ähnlich betroffene Wertpapierunternehmen anderer Mitgliedsstaaten ausweiten möchte. Das Parlament unterstützt ebenfalls die Angleichung, möchte der ESMA aber auch die Kompetenz einräumen, eine temporäre Aussetzung der Derivatehandelspflicht anzustoßen, wann immer diese Pflicht die Liquidität einzelner Derivate nachteilig beeinflusst.

Zu 10: Die Kommission hält bezüglich der Nachhandelsberichtspflicht an der jetzigen Logik fest und hat folglich auch keinen Änderungsvorschlag gemacht. Der Europäische Rat dagegen schlägt vor, sich vom SI-Status der Gegenpartei zu lösen und stattdessen Firmen die Möglichkeit zu schaffen, in einzelnen Produktklassen als sogenannte „Designated Reporting Entities“ (DRE) aufzutreten. SIs sollen dabei automatisch DRE in dem für sie relevanten Instrument sein. Das Parlament unterstützt die Vorschläge des EU-Rates.

5. Fazit & Unsere Unterstützungsleistung

Dieser Artikel macht unmissverständlich deutlich, dass das bevorstehende MiFIR (MiFID 3.0) -Review keinesfalls unterschätzt werden darf. Die Änderungen betreffen zahlreiche Anwendungsfälle beim APA und den SIs, aber auch die Wertpapierinstitute, die voraussichtlich umfassende Prüfungen und Anpassungen an ihren IT-Schnittstellen vornehmen müssen. "Umfassend" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass eine Vielzahl von verschiedenen Produkten und Meldungen betroffen sind, welche meist eine Anpassung in den Meldesoftware-Produkten und ggfs. deren Eingangsschnittstelle mit sich ziehen. Da die Änderungen kurzfristig bevorstehen und sich zeitlich mit der EMIR REFIT-Phase II überschneiden (siehe Quelle [16]), sollte man frühzeitig die anfallenden Aufgaben erfassen, einschätzen und prüfen, um eine reibungslose Umsetzung zu gewährleisten. Gerne stehen wir Ihnen bei diesen Aufgaben unterstützend zur Seite,– zögern Sie nicht, uns einfach anzusprechen!

5.1 Überblick zu den Themen und Aktivitäten

Die nachfolgende Tabelle und die dazugehörigen Erläuterungen stellen die erforderlichen Themen dar, die im Rahmen des Reviews zu behandeln sind. Wir empfehlen konkrete Aktivitäten zur Umsetzung dieser Themen, um eine erfolgreiche Umsetzung zu gewährleisten.

Abbildung 6: Themen des Reviews und Anwendungszeitpunkte (Quelle: eigene Darstellung)

5.1.1 Teil I von RTS 1 & 2 – Phase I

Für die APAs, wie zum Beispiel „MarketAxess“, sind mehrere Anpassungen erforderlich und es wird ein neues Release entwickelt und ausgeliefert. Anwender wie Wertpapierinstitute müssen daher am Schnittstellentest (Typ: Regressionstest) teilnehmen, der voraussichtlich in den Monaten Mai oder Juni 2023 stattfinden wird.

-> Unsere Berater verfügen über langjährige Erfahrung im Testen und Testmanagement sowie im effizienten Umgang mit großen Datenmengen. Alle unsere Mitarbeiter sind im Besitz des ISTQB Zertifikats "Foundation Level". Ein Großteil unserer Mitarbeiter verfügt darüber hinaus über weitere Zertifikate wie "Test Manager" und "Technical Test Analyst".

5.1.2 Teil I von RTS 1 & 2 – Phase II

Da APA-Schnittstellenanpassungen anstehen, müssen Banken prüfen, ob auch ihre eigenen Schnittstellen angepasst werden müssen. Daraufhin sollten sie die Anpassungen in ihren Bank-Systemen veranlassen und durch Testläufe überprüfen. Dies beinhaltet eine Gap-Analyse, Konzeption und Umsetzung der Anpassungen an der Schnittstelle zur Reportingsoftware sowie die Anpassung der Reportingsoftware selbst und abschließendes Testing (vgl. Abbildung 8).

-> Die Anpassung von Reporting-Schnittstellen und die ganzheitliche Umsetzung („end-to-end“) sind große Vorteile, wenn Sie uns als Partner wählen. Durch unsere Expertise wird es selten Reibungsverluste zwischen IT und Fachbereichen geben. Darüber hinaus sind wir in der Lage, Umsetzungsmaßnahmen erfolgreich mit verschiedenen internen und externen Stakeholdern zu steuern und umzusetzen.

5.1.3 MiFIR & MiFID Review

Die gegenwärtigen Entwürfe der Dokumente geben Auskunft darüber, welche Themen von den geplanten Änderungen betroffen sein werden, vgl. Kapitel 4. Es empfiehlt sich jedoch, vor der Umsetzung dieser Änderungen zu warten, bis eine konsolidierte Version der Dokumente verfügbar ist. Diese wird voraussichtlich erst im dritten oder vierten Quartal 2023 veröffentlicht. Sobald dies erfolgt ist, werden auch wir eine aktualisierte Version als Fachartikel veröffentlichen.

-> Unser Financial Engineering-Team für den Kapitalmarkt verfügt über eine umfangreiche Erfahrung in der Marktbeobachtung des Transaktions-Reportings. Wir analysieren, bewerten und dokumentieren die regulatorischen Anpassungen wöchentlich und stehen im Austausch mit den TR-Reporting-Softwareherstellern sowie anderen beteiligten Partnern wie ANNA DSB und FIRDS.

5.1.4 Übrige Anpassungen

Ähnlich wie im vorherigen Abschnitt sollten auch für die restlichen Anpassungen konkrete Veröffentlichungen abgewartet werden. Wir werden Sie so schnell wie möglich über Aktualisierungen informieren.

Abbildung 7: TR-Reporting ("end-to-end") - vereinfacht (Quelle: eigene Darstellung)

Quellen

[1] Directive 2014/65/EU of the European Parliament and of the Council of 15 May 2014 on markets in financial instruments and amending Directive 2002/92/EC and Directive 2011/61/EU (recast) (Text with EEA relevance). https://eur-lex.europa.eu/eli/dir/2014/65/oj, zuletzt abgerufen am 09.05.2023.

[2] Proposal for a DIRECTIVE OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL amending Directive 2014/65/EU on markets in financial instruments. (COM/2021/726 final). https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX%3A52021PC0726&qid=1683645145542, zuletzt abgerufen am 09.05.2023.

[3] DIRECTIVE 2014/65/EU OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL of 15 May 2014 on markets in financial instruments and amending Directive 2002/92/EC and Directive 2011/61/EU (recast) (Text with EEA relevance). https://eur-lex.europa.eu/eli/dir/2014/65/2023-03-23, zuletzt abgerufen am 09.05.2023.

[4] The European Parliament and of the Council, Regulation (EU) No 600/2014 of the European Parliament and of the Council of 15 May 2014 on markets in financial instruments and amending Regulation (EU) No 648/2012 (Text with EEA relevance). http://data.europa.eu/eli/reg/2014/600/2022-01-01, zuletzt abgerufen am 09.05.2023.

[5] Council of the European Union, Proposal for a REGULATION OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL amending Regulation (EU) No 600/2014 as regards enhancing market data transparency, removing obstacles to the emergence of a consolidated tape, optimising the trading obligations and prohibiting receiving payments for forwarding client orders. (COM/2021/727 final). https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX%3A52021PC0727&qid=1683710394691, zuletzt abgerufen am 09.05.2023.

[6] Council of the European Union, Proposal for a REGULATION OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL amending Regulation (EU) No 600/2014 as regards enhancing market data transparency, removing obstacles to the emergence of a consolidated tape, optimising the trading obligations and amending Regulation (EU) No 575/2013 on prudential requirements for credit institutions and amending Regulation (EU) No 648/2012 (Text with EEA relevance). https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-16099-2022-INIT/en/pdf, zuletzt abgerufen am 09.05.2023.

[7] Commission Delegated Regulation (EU) 2017/587 of 14 July 2016 supplementing Regulation (EU) No 600/2014 of the European Parliament and of the Council on markets in financial instruments with regard to regulatory technical standards on transparency requirements for trading venues and investment firms in respect of shares, depositary receipts, exchange-traded funds, certificates and other similar financial instruments and on transaction execution obligations in respect of certain shares on a trading venue or by a systematic internaliser (Text with EEA relevance). https://eur-lex.europa.eu/eli/reg_del/2017/587/2019-04-09, zuletzt abgerufen am 09.05.2023.

[8] Commission Delegated Regulation (EU) 2017/583 of 14 July 2016 supplementing Regulation (EU) No 600/2014 of the European Parliament and of the Council on markets in financial instruments with regard to regulatory technical standards on transparency requirements for trading venues and investment firms in respect of bonds, structured finance products, emission allowances and derivatives (Text with EEA relevance). http://data.europa.eu/eli/reg_del/2017/583/2022-05-03, zuletzt abgerufen am 09.05.2023.

[9] European Commission, Commission Delegated Regulation (EU) /... amending and correcting the regulatory technical standards laid down in Delegated Regulation (EU) 2017/587 as regards certain transparency requirements applicable to transactions in equity instruments (Text with EEA relevance). https://ec.europa.eu/transparency/documents-register/detail?ref=C(2023)245&lang=en, zuletzt abgerufen am 09.05.2023.

[10] European Commission, Commission Delegated Regulation (EU) .../... of 17.1.2023 amending the regulatory technical standards laid down in Delegated Regulation (EU) 2017/583 as regards certain transparency requirements applicable to transactions in non-equity instruments (Text with EEA relevance). https://ec.europa.eu/transparency/documents-register/detail?ref=C(2023)246&lang=en, zuletzt abgerufen am 09.05.2023.

[11] European Securities and Markets Authority (ESMA), Amendments to Commission Delegated Regulation (EU) 2017/587 (RTS 1) and Commission Delegated Regulation (EU) 2017/583 (RTS 2). https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/esma70-156-6261_opinion_on_rts_1_and_2_amendments.pdf, zuletzt abgerufen am 09.05.2023.

[12] European Commission, Commission Delegated Regulation (EU) 2017/577 of 13 June 2016 supplementing Regulation (EU) No 600/2014 of the European Parliament and of the Council on markets in financial instruments with regard to regulatory technical standards on the volume cap mechanism and the provision of information for the purposes of transparency and other calculations (Text with EEA relevance). https://eur-lex.europa.eu/eli/reg_del/2017/577/oj, zuletzt abgerufen am 09.05.2023.

[13] European Commission, Commission Delegated Regulation (EU) 2017/590 of 28 July 2016 supplementing Regulation (EU) No 600/2014 of the European Parliament and of the Council with regard to regulatory technical standards for the reporting of transactions to competent authorities (Text with EEA relevance). https://eur-lex.europa.eu/eli/reg_del/2017/590/oj, zuletzt abgerufen am 09.05.2023.

[14] European Securities and Markets Authority (ESMA), Financial Instruments Transparency system (FITRS). https://data.europa.eu/data/datasets/financial-instruments-transparency-system-fitrs?locale=en, zuletzt abgerufen am 09.05.2023.

[15] European Securities and Markets Authority (ESMA), Opinion on traded on a trading venue under MiFID II. https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/esma70-156-117_mifir_opinion_on_totv.pdf, zuletzt abgerufen am 09.05.2023.

[16] Finbridge GmbH & Co. KG, EMIR REFIT – LEVEL 2 Anpassungen. https://www.finbridge.de/aktuelles/2022/12/20/emir-refit-level2-anpassungen, zuletzt abgerufen am 09.05.2023.

[17] Linklaters, Moving up into third gear: EU MiFID Review is ready to enter "tri"logues. https://www.linklaters.com/en/knowledge/publications/alerts-newsletters-and-guides/2023/march/08/moving-up-into-third-gear-eu-mifid-review-is-ready-to-enter-trilogues, zuletzt abgerufen am 09.05.2023.


 

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