Kreditspread-Risiko im Anlagebuch – CSRBB

Foto von Charlotte Venema auf Unsplash, Download-Datum: 08.02.2023

 

Am 18. Juli 2018 veröffentlichte die Europäische Bankenaufsicht (EBA) Leitlinien zur Steuerung des Zinsänderungs-Risikos (IRRBB) und des Kreditspread-Risikos im Anlagebuch (CSRBB), die sie am 20. Oktober 2022 aktualisierte ([1],[2]). Während die Anforderungen für das IRRBB bis zum 30. Juni 2023 umzusetzen sind, gilt für CSRBB eine Umsetzungsfrist bis zum 31. Dezember 2023.

Der Fall der Silicon Valley Bank zeigt, wie relevant Betrachtungen zu den Erträgen und Risiken im Anlagebuch sind. Wir widmen uns allerdings den Neuerungen der aktualisierten Fassung.

Abbildung 1: CSRBB im zeitlichen Verlauf

NEUE ANFORDERUNGEN

Eine wesentliche Änderung im aktuellen Dokument betrifft die verbindliche Berechnung des Kreditspread-Risikos im Anlagebuch. Neben dem Zinsrisiko im Anlagebuch (Interest Rate Risk in the Banking Book, IRRBB) soll in Zukunft auch das Kreditspread-Risiko im Anlagebuch (Credit Spread Risk in the Banking Book, CSRBB) identifiziert, bewertet und überwacht werden. Darüber hinaus soll neben dem barwertigen Ansatz (EVE), der bislang schon für IRRBB vorgeschrieben war, auch der ertragsorientierte Ansatz (NII) verwendet werden.

Außerdem wurde die Schranke für den Ausreißer-Test unter EVE von 20% des Kernkapitals auf 15% gesenkt. Für NII wurde die Schranke auf 5% des Kernkapitals festgelegt. Der ursprünglich genannte Wert von 2,5% wurde von der EBA am 26. April 2023 auf 5% angehoben, da es für sehr viele Banken ansonsten schwierig würde, den Test zu bestehen ([3],[4]).

Eine weitere Änderung ist die Anpassung des Floors für gestresste Zinsen sowohl für den barwertigen als auch für den periodischen Ansatz als Folge des niedrigen Zinsniveaus. Dieser ist deutlich unter den bisherigen Floor gesenkt. Nach der neuen Leitlinie beträgt er -150 Basispunkte für den Overnight-Zins und steigt linear über 50 Jahre auf null. In diesem Artikel gehen wir näher auf die Messung des Kreditspread-Risikos im Anlagebuch ein.

Definition CSRBB

Das Kreditspread-Risiko im Anlagebuch (CSRBB) wird definiert als das Risiko (EVE oder NII), das aus Veränderungen der Markt-Kredit- und der Markt-Liquiditätsspreads herrührt. Der Markt-Kreditspread ist dabei der Marktpreis für die Übernahme des allgemeinen Kreditrisikos. Idiosynkratische Spread-Komponenten werden dabei grundsätzlich nicht berücksichtigt. Ebenso werden Auswirkungen von Änderungen der Kreditqualität (z.B. Rating-Veränderungen) im Beobachtungszeitraum nicht berücksichtigt.

Das folgende Bild veranschaulicht die Bestandteile des Kreditspreads.

Abbildung 2: Bestandteile des Diskontfaktors

Bei der Bestimmung, welche Elemente relevant für das Kreditspread-Risiko ist, lässt die EBA zwei Optionen zu.

Option 1:

Das Risiko beinhaltet nur die möglichen Änderungen des Markt-Kreditspreads und des Markt-Liquiditätsspreads.

Option 2:

Zum oben genannten Risiko können auch idiosynkratische Elemente hinzugenommen werden, wenn das entsprechende Risiko nicht durch andere Risikomessungen berücksichtigt werden und das Vorgehen konservativ ist.

Das Kreditspread-Risiko muss sowohl barwertig als auch ertragsorientiert regelmäßig gemessen werden.

Umfang

Bei der Berechnung des CSRBB sollen alle relevanten Instrumente berücksichtigt werden, die ein Kreditspread-Risiko aufweisen. Das umfasst alle Aktiva (Vermögenswerte), Passiva (Verbindlichkeiten), Derivate sowie außerbilanzielle Instrumente.

Die Institute müssen dementsprechend alle im Anlagebuch befindliche Instrumente auf Kreditspread-Risiken überprüfen und in die Risikoberechnung einbeziehen. Bereits ausgefallene Positionen müssen nicht berücksichtigt werden. Ausschlüsse müssen allerdings gut begründet und dokumentiert werden.

Bewertung

Im barwertigen Ansatz (EVE) soll das Risiko unter sechs von der EBA definierten Szenarien 15% des Kernkapitals nicht überschreiten, EVEshock -EVEbase Kernkapital -15% .

Für den periodischen Ansatz (NII) wird gefordert, dass das Risiko bei einem Ein-Jahres-Horizont unter den Parallelszenarien nicht größer als 5%, bezogen auf das Kernkapital, betragen soll, NIIshock -NIIbase Kernkapital -5% .

Auftretende Probleme

Der Markt-Kreditspread und der Markt-Liquiditätsspread sind weder einzeln noch als Summe direkt am Markt beobachtbar. Am Markt kann man lediglich die von den einzelnen Instrumenten unabhängige Referenzrate, die Summe aus risikolosem Zins und Markt-Durationsspread, beobachten. Für liquide Instrumenten lassen sich außerdem die Gesamtrenditen, also die Summe aus allen oben genannten Bestandteilen, beobachten. Eine Zerlegung in die einzelnen Bestandteile ist daher nicht ohne größeren Aufwand möglich.

Außerdem sind in allen am Markt beobachtbaren Instrumenten, die eine größere Laufzeit haben, Ratingänderungen in den Kreditspread bereits eingepreist, sodass die Forderung, Ratingänderungen zu vernachlässigen, nur schwer erfüllt werden kann.

Die oben beschriebene Definition des Markt-Kreditspreads ist eventuell inkompatibel mit den aktuell verwendeten Definitionen der Kreditspreadkurven. Diese werden meist für Sektoren/Wirtschaftsräume/Währungen/Ratings bestimmt und für die Bewertung benutzt. Das heißt, sie beinhalten idiosynkratische Bestandteile.

Die EBA ermöglicht daher die oben genannten zwei Optionen.

Lösungsansatz für Option 1:

Wie oben beschrieben wird die Summe aus Markt-Kreditspread und Markt-Liquiditätsspread benutzt und darauf die Szenarien angewendet.

Um sie zu bestimmen, kann man sie zum Beispiel als der Mittelwert der Kreditspreads von AAA-Bonds der entsprechenden Sektoren (Währung und Lokation) mit entsprechenden Laufzeiten definieren. Die Mittelwertbildung führt dazu, dass die idiosynkratischen Komponenten auch negativ werden können.

Die Instrumente werden anschließend mit diesem Markt-Kreditspread und Markt-Liquiditätsspread sowie unter den vorgegebenen Szenarien bewertet und die jeweiligen Differenzen betrachtet.

Vorteile:

Für alle Instrumente derselben Währung, desselben Wirtschaftsraums und ähnlicher Laufzeiten wird derselbe Spread verwendet. Dieser Spread enthält auch keinen Bestandteil, der eine Änderung der Kreditqualität beinhaltet. Nach der Bestimmung des Markt-Kreditspreads und des Markt-Liquiditätsspreads können alle Instrumente der entsprechenden Klasse mit demselben Spread bewertet und gestresst werden.

Nachteile:

Die Bestimmung des Markt-Kreditspreads und des Markt-Liquiditätsspreads setzt voraus, dass für jede Währung, jeden Wirtschaftsraum und hinreichend viele Laufzeiten genug liquide Instrumente vorhanden sind. Eventuell kann man Kreditspreads in anderen Währungen auch mit Hilfe von Cross-Currency-Basisspreads bestimmen. Die Bestimmung des Spreads muss entsprechend jedem Test vorangehen. Dabei muss man insbesondere auf die Qualität der Daten achten und etwa bei einem Wechsel der Liquidität der Daten reagieren und gegebenenfalls die Menge der Daten anpassen. Die Forderung, dass der Spread keine Ratingänderung (Änderung der Kreditqualität) enthält, ist schwer zu erfüllen, da prinzipiell alle Preise von am Markt gehandelten Instrumente eine mögliche Ratingänderung enthalten.

Lösungsansatz für Option 2:

Für alle Instrumente werden auch die idiosynkratischen Komponenten mitberücksichtigt. Da der Kreditspread eines Instrumentes den Markt-Kreditspread und den Markt-Liquiditätsspread als Bestandteile additiv enthalten bewirkt ein Zinsschock dieser beiden Spreads implizit auch einen Schock des gesamten Kreditspreads jedes Instruments.

Vorteile:

Markt-Kreditspread und Markt-Liquiditätsspread muss nicht separiert werden. Die Zinsschocks können auf die bestehenden Kreditspreads angewendet werden. Da viele Institutionen bereits Kreditspread-Sensitivitäten berechnen, kann man die dort bereits vorhandenen Methoden an die standardisierten Zinsschockszenarien anpassen.

Nachteile:

Bei der Bewertung der Instrumente werden auch die idiosynkratischen Komponenten berücksichtigt, die auch implizit mögliche Änderungen der Kreditqualität beinhalten. Da diese in dem meisten Fällen positiv sind, wird das Risiko bei Vermögenswerten unter- und bei Verbindlichkeiten überschätzt.

Abbildung 3: Vor- und Nachteile der beiden Optionen

Fazit

Mit der Veröffentlichung der EBA gibt es hinsichtlich der Messung des Kreditspread-Risikos im Anlagebuch (CSRBB) neue Anforderungen. Es müssen regelmäßig Risikokennzahlen für EVE und NII berechnet und überwacht werden. Dafür ist es notwendig, bestehende Modelle und Methoden den Anforderungen der EBA entsprechend anzupassen oder neu zu entwickeln.

Dieser Prozess erfordert mehrere Schritte. Neben der Bestimmung der relevanten Geschäfte muss eine Lösung gemäß den Anforderungen der EBA unter Berücksichtigung der beiden oben erwähnten Optionen erarbeitet werden. Außerdem muss ein Prozess initiiert werden, die neuen Risikokennzahlen zu überwachen.

Wie wir helfen können

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Quellen

[1] EBA: Guidelines on IRRBB and CSRBB. https://www.eba.europa.eu/sites/default/documents/files/document_library/Publications/Guidelines/2022/EBA-GL-2022-14%20GL%20on%20IRRBB%20and%20CSRBB/1041754/Guidelines%20on%20IRRBB%20and%20CSRBB.pdf, zuletzt abgerufen am 09.02.2023.

[2] EBA: Regulatory Technical Standards on IRRBB standardised approach. https://www.eba.europa.eu/sites/default/documents/files/document_library/Publications/Draft%20Technical%20Standards/2022/EBA-RTS-2022-09%20RTS%20on%20SA/1041755/Final%20draft%20RTS%20on%20SA.pdf, zuletzt abgerufen am 09.02.2023.

[3] Risk.net: EU banks need ‘billions’ in hedges to pass new NII test. https://www.risk.net/regulation/7955748/more-eu-banks-will-fail-new-irrbb-test-as-rates-push-upwards, zuletzt abgerufen am 09.02.2023.

[4] EBA updates on the definition of a large decline of net interest income in relation to the interest rate risk in the banking book. https://www.eba.europa.eu/eba-updates-definition-large-decline-net-interest-income-relation-interest-rate-risk-banking-book, zuletzt abgerufen am 11.05.2023.

Autoren: Aloys Hüntemann, Norbert Patzschke


 

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Dr. Norbert Patzschke

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